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Strafanzeige AfD-Prügelei auf der Toilette?

Zwei AfD-Abgeordnete aus dem Landtag von Sachsen-Anhalt sind auf einer Toilette aneinandergeraten. Einer von beiden ist Polizist.

Von Michael Bock 26.10.2018, 14:29

Magdeburg l In Sachsen-Anhalt soll es zu einer heftigen Ausein­andersetzung zwischen den AfD-Landtagsabgeordneten gekommen sein. Jan Wenzel Schmidt (27) hat jedenfalls Strafanzeige wegen Körperverletzung und Nötigung gegen seinen Fraktionskollegen Mario Lehmann (48) gestellt.

Es geht dabei um einen Vorfall am 30. September in einem Hotel in Friedrichsbrunn (Harz). Am Rande einer Finanzklausur des Landesvorstands soll Lehmann auf einer Toilette Schmidt bedroht und angegriffen haben.

Der Anzeige zufolge soll Lehmann, der vor dem Einzug in den Landtag von Sachsen-Anhalt Kriminalhauptkommissar war, Schmidt unbemerkt auf die Toilette gefolgt sein. Als Schmidt am Pissoir gestanden habe, soll Lehmann plötzlich hinter ihm gewesen sein und ihn als „Spinner“ bezeichnet haben.

Sollte Schmidt noch einmal über ihn oder seine Tochter etwas sagen, werde Lehmann ihn in eine dunkle Ecke ziehen. Dort, wo ich ihn keiner sehe, werde er ihn „grün und blau schlagen“, so dass ihm Sehen und Hören vergehe. Laut Strafanzeige schlug Lehmann Schmidt daraufhin in die
Nierengegend.

Schmidt wandte sich an Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch (CDU), die wiederum Innenminister Holger Stahlknecht (beide CDU) einschaltete. Im Ergebnis soll das Landeskriminalamt die Gefährdungslage analysiert haben.

Lehmann wollte sich am Freitag auch auf mehrfache Nachfrage zunächst nicht zu den in der Strafanzeige erhobenen Vorwürfen äußern. „Ich werde mir erst die Akten anschauen und danach mit meinem Rechtsanwalt mögliche juristische Schritte beraten“, sagte er der Volksstimme. Er bezeichnete Schmidt als „politischen Hinterbänkler, der für seine Ränkespiele bekannt ist“. Schmidt ist auch Landeschef der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“. Gegenüber Fraktionskollegen soll Lehmann erklärt haben, die Geschichte sei frei erfunden.

Trotz gegenteiliger Aussagen der Beteiligten (es gab keine Zeugen) preschte der Grünen-Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel am Freitag vor: Die gegen Lehmann erhobenen Vorwürfe seien schwerwiegend, sagte er. „Sie sind nach meiner Einschätzung glaubhaft. Ich erwarte zügige und umfassende Aufklärung.“

Die Vorfälle würden klarmachen, „dass aus der gewalttätigen Sprache der AfD auch konkrete Gewalttaten erwachsen. Für die Arbeit im Landtag ist der mutmaßliche Angriff auf einen Abgeordneten durch einen Kollegen ein nicht gekannter Tiefpunkt.“ Und: „Politisch motivierte Gewalt gegen Abgeordnete ist inakzeptabel.“ Lehmann müsse sofort zurücktreten.

Er sei Polizeibeamter im Dienst des Landes und auch als solcher nicht mehr tragbar. Sein Beamtenverhältnis ruhe aufgrund des Abgeordnetenmandats. Lehmanns Dienstherr müsse prüfen, welche Möglichkeiten bestünden, ihn aus dem Polizeidienst zu entfernen. Das Innenministerium winkte ab. Nach den vorliegenden Erkenntnissen werde es „keine dienstrechtlichen Maßnahmen“ geben.

Die AfD-Landtagsfraktion befasste sich gestern in einer Sondersitzung auch mit einem Abwahlantrag, der sich gegen den parlamentarischen Geschäftsführer Robert Farle richtete. Dem war unter anderem vorgeworfen worden, bei einer Pressekonferenz die entlassene Pressereferentin öffentlich auseinandergenommen zu haben. Für eine Abwahl wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig gewesen. Fraktionschef Oliver Kirchner teilte mit, dass der Abwahlantrag keine Mehrheit gefunden habe. Zum Abstimmungsergebnis wollte er sich nicht äußern. Das sei eine „vertrauliche fraktionsinterne Information“. Wie die Volksstimme erfuhr, votierten elf Parlamentarier für Farle, elf stimmten gegen ihn.