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Strukturwandel Haseloff verteidigt Druck auf Kohlekommission

Reiner Haseloff hat in seiner Regierungserklärung erneut vor einer frühzeitigen Festlegung auf ein Datum zum Kohleausstieg gewarnt.

Von Alexander Walter 22.11.2018, 09:22

Magdeburg l Noch schaufeln sich die Bagger durch die Tagebaue im Landessüden. Fast 19 Millionen Tonnen Braunkohle förderten sie zuletzt jährlich aus dem Mitteldeutschen Revier. Rund 1000 Jobs hängen dort direkt an der Kohle, Tausende kommen in nachgelagerten Industrien dazu. Doch Braunkohlestrom ist schmutzig, er widerspricht den deutschen Klimazielen. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission arbeitet unter Hochdruck an einem Ausstiegsszenario. Kommenden Mittwoch sollte sie eigentlich einen Plan, auch mit konkretem Ausstiegssdatum vorlegen.

Doch nach einem Brief der Ost-Braunkohleländer Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wird die Kommission deutlich nachbessern müssen. Vorerst bis Januar soll das Gremium konkrete Strukturhilfen für die betroffenen Regionen erarbeiten.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff will unbedingt verhindern, dass der Landessüden das Schicksal des Ruhrgebietes teilt. Dort ist das Pro-Kopf-Einkommen nach dem Aus für den Steinkohlebergbau etwa in Duisburg unter das Niveau von Halle gesunken. Bei einer Regierungserklärung erhöht Haseloff am Donnerstag im Landtag weiter den Druck. Vom Bund fordert er massive Investitionen: Zehn Milliarden Euro seien nötig, um den Wandel allein in Sachsen-Anhalt zu bewältigen. „Die sind die Untergrenze, wenn wir vergleichbare Strukturen wie heute erhalten wollen.“ Die vom Bund bislang angekündigten 1,5 Milliarden seien deutlich zu wenig.

Haseloff fordert eine Strukturförderung, die sich nicht an üblichen Bedarfskriterien orientiert: den Ausbau von Straßen und Schienen, um die Mittelzentren des Reviers an die Zentren Halle und Leipzig anzubinden. Den flächendeckenden Breitbandausbau, den Ausbau der Forschungslandschaft und die Errichtung von Bundesbehörden. Nur ein Ausstiegsdatum festzulegen, sei jedenfalls zu wenig. Haseloff rechnet damit, dass der Strukturwandel mindestens 30 Jahre dauern wird. Sinnvoll sei er überhaupt erst, wenn vor Ort neue Arbeitsplätze entstanden sind.

Unterstützung kommt von SPD-Fraktionschefin Katja Pähle. Die Energiewende sei ein „Antriebsmotor der Innovation“, es dürfe nach 1990 aber keinen zweiten Strukturbruch geben. Mit einer Entschädigung für die Beschäftigten sei es nicht getan. „Die Reviere müssen Heimat und Erwerbsgrundlage bleiben.“

Die Grünen betonen die Chancen des Ausstiegs: „Ich will, dass Sachsen-Anhalt Musterland für Erneuerbare Energien wird“, sagt Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. Sie sehe das Land als Standort für Batteriefabriken, Kreislaufwirtschaft in der Chemieindustrie und als Kompetenzzentrum für Renaturierung. Im Kampf gegen die „Klimakatastrophe“ dürfe der Kohleausstieg aber keinesfalls weiter verschleppt werden.

Auch die Linke bekennt sich zum Ausstieg. Landeschef Andreas Höppner fordert eine staatliche Beschäftigungsgarantie für Mitarbeiter und höhere Steuern für Energiekonzerne. Der Landesregierung wirft er vor, zu wenig für strukturell schwache Räume zu tun. Sie habe zuletzt oft nur zugeschaut, wenn Firmen geschlossen wurden.