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Briefwahlaffäre Tag der Entscheidung für Güssau

Entzieht der Ältestenrat Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU) das Vertrauen, hat er die Wahl zwischen Rücktritt oder Abwahlverfahren.

14.08.2016, 17:50

Magdeburg/Stendal l Am frühen Sonntag schickte der CDU-Politiker Antworten auf 14 Fragen zu seiner Rolle bei der Stendaler Briefwahlaffäre an CDU-Landeschef Thomas Webel. „Um Schaden vom Land und seinen Institutionen abzuwenden“ hatte Webel Güssau am Dienstag öffentlich aufgefordert, „alle ihm bekannten Umstände offenzulegen“.

Der CDU-Politiker hat nach Recherchen der Volksstimme vor zwei Jahren versucht, eine Wiederholung der Briefwahl und eine Strafanzeige wegen Wahlfälschung zu verhindern. Zudem belegt sein elektronischer Schriftverkehr, dass er darauf eingewirkt hat, Medienanfragen falsch zu beantworten. Güssau bestreitet dies.

Neue Erkenntnissen liefern seine Antworten nicht. Sie setzen sich weitgehend aus Textbausteinen zusammen, die er in den vergangenen Tagen auch an andere Fraktionen und Journalisten verschickt hatte. „Ich hoffe, dass er damit den Ältestenrat überzeugen kann“, kommentierte Webel knapp das elf Seiten lange Schreiben.

Wenn das Gremium am Montag ab 13 Uhr tagt, rechnet in der Landespolitik und auch selbst bei der CDU kaum noch jemand damit, dass Güssau das Vertrauen zurückgewinnen kann. Bei den Christdemokraten gibt es vielmehr die Sorge, dass sich Güssau einem für ihn negativen Votum des Ältestenrates nicht fügen könnte. Der Landtagspräsident betont seit Tagen, dass er nicht zurücktreten werde und sich nur einer Abwahl beugen wolle.

Zum Rücktritt zwingen kann den Stendaler auch die eigene Partei nicht. CDU-Landeschef Webel appelliert aber an Güssau, dass er das Votum des Ältestenrates „im Interesse der eigenen Person und der Würde des Amtes akzeptieren soll“. Gegen eine Mehrheit des Landtages könne er „nicht vier Jahre weiterarbeiten“.

Aus einem Provinzskandal ist inzwischen eine Landesaffäre geworden, über die Medien bundesweit berichten. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb von einer „Magdeburger Neuauflage von Michael Kohlhaas“. Der „Spiegel“ titelte in seinem Online-Auftritt über einen langen Güssau-Artikel: „Dieser Mann gefährdet die Kenia-Koalition“.

SPD und Grüne haben Koalitionspartner CDU verdeutlicht, dass sie ein Abwahlverfahren unterstützen werden, wenn der Landtagspräsident die Vorwürfe nicht glaubhaft entkräften kann. Bei AfD und Linke lauten die Signale ebenso.

Unterdessen zeichnen sich in Stendal erste Konsequenzen ab: Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (CDU) steht vor einer Abberufung als Wahlleiter und Vize-Oberbürgermeister. Darüber entscheidet der Stadtrat in einer Sondersitzung am 5. September. Die Linke prüft zudem strafrechtliche Konsequenzen gegen den Kreiswahlleiter und Landrat Carsten Wulfänger (CDU). Aus diesem Grund will sich Wulfänger gegenüber Medien zu einzelnen Vorgängen nicht mehr äußern.

Güssaus Stendaler Parteifreunde stehen dagegen hinter ihrem prominentesten Mitglied. Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) spielte den Fall in einem vertraulichen Kreis als „Privatfehde“ herunter.