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In Nässeregionen wie Schönebeck sollen Hausbesitzer Regenwasser in einen Kanal leiten Teure Zwangsanschlüsse möglich

Von Jens Schmidt 23.02.2013, 02:18

Der Landtag hat gestern das Wassergesetz beschlossen. Ab 1. April müssen Hauseigentümer in einigen Gemeinden mit Zwangsanschlüssen an den Regenwasserkanal rechnen.

Magdeburg l Wo soll das Regenwasser auf dem Lande künftig hinfließen? Für viel Geld vom Dach ins Kanalrohr - oder wie bislang gratis in den Garten? Das neue Wassergesetz ermöglicht Zwangsanschlüsse an den Kanal. 4000 Bürger schickten Protestkarten ins federführende Umweltministerium. Die Regierungsfraktionen CDU und SPD stimmten dennoch für das neue Regelwerk. Sie meinen: Zu Zwangsanschlüssen werde es nur in seltenen Fällen kommen. Die Opposition aus Linken und Grünen lehnten das Gesetz ab.

Wer ist betroffen?

Auf einen Zwangsanschluss gefasst machen müssen sich vor allem Hauseigentümer in sogenannten Vernässungsgebieten. Das sind Städte und Gemeinden mit erheblichen Nässeproblemen (hohe Grundwasserstände, feuchte Keller). Wie etwa in einigen Ortsteilen in Schönebeck oder Dessau. Stellt sich heraus, dass die bisher übliche Versickerung des Regenwassers im Garten die Probleme mit verursacht, ist die Gemeinde nun gezwungen, einen Zwangsanschluss anzuordnen. Denn dann ist das Wohl der Allgemeinheit beeinträchtigt. Bisher konnte die Gemeinde in solchen Fällen Zwang ausüben - künftig aber muss sie Zwangsanschlüsse anordnen.

Wie teuer wird das?

Der genaue Preis hängt von der Satzung der Gemeinden oder Verbände ab. Fachleute rechnen mit jährlichen Gebühren zwischen 20 und 200 Euro. Sie zahlen Eigentümer und Mieter. Wesentlich happiger ist der einmalige Anschlussbeitrag. Ihn muss der Eigentümer schultern. Hier sind zwischen 800 und 5000 Euro zu kalkulieren.

Kommt es zu vielen Zwangsanschlüssen?

Kritiker des Gesetzes, wie "Haus und Grund" befürchten, dass viele Land-Gemeinden die neuen Befugnisse nutzen werden, um Hauseigentümer an den Regenkanal zu zwingen, um etwa zu groß geratene Kanalsysteme zu finanzieren.

Die Regierung verneint das: Laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom März 2012 dürfen aus rein fiskalischen Gründen keine Zwangsanschlüsse durchgesetzt werden. In den meisten Orten würde sich nichts ändern: Die Versickerung im Garten habe Vorrang, die vorhandenen Regenwassertonnen und Zisternen haben Bestandsschutz.

Kritiker entgegnen, dass Gemeinden "wasserwirtschaftliche Gründe" (wie eine bessere Auslastung oder Spülung) vorschieben könnten, um letztlich doch mehr Geld von den Bürgern zu kassieren.

Wer ist nicht betroffen?

Eigentümer, deren Haus bereits am Regenwasserkanal angeschlossen ist, sind nicht betroffen. Dazu gehören viele Hausbesitzer in den Städten. Dort fließt das Regenwasser ohnehin meist in einen Kanal.

Gibt es auch Zweifler in den Regierungsreihen?

Ja. Allerdings sagen sie es nicht laut. Aber selbst hochrangige SPD-Politiker haben der Volksstimme von ihren Zweifeln erzählt, ob es nicht doch in vielen Gemeinden zu Zwangsanschlüssen kommt. Denn: Geschäftsführer von Wasserverbänden hatten in den vergangenen Monaten Landespolitiker um eine entsprechende Gesetzesänderung gebeten. Hauptgrund: Mehr Einnahmen, um den hohen Kostendruck zu großer Anlagen zu dämpfen.

Warum wurde das Gesetz nicht klarer formuliert?

Die Opposition forderte, die Zwangsanschlüsse auf Problemgebiete zu begrenzen und das auch so klar im Gesetz zu formulieren. Die Regierung wollte sich aber am Duktus des alten Gesetzes anlehnen. Eine völlige Neuformulierung würde vor Gerichten neue Unsicherheiten bringen.