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Ferkelkastration Einknicken vor der Schweinebranche?

Das das Verbot von Ferkelkastrationen ohne Betäubung verschoben wurde, hält Sachsen-Anhalts Tierschutzbeauftragter für einen Skandal.

16.12.2018, 13:06

Magdeburg (dpa) l  Ferkel dürfen in Deutschland vorerst weiter ohne Betäubung kastriert werden – Sachsen-Anhalts Tierschutzbeauftragter Marco König hat das als Einknicken vor der Schweine-Branche scharf kritisiert. "Letzten Endes geht es nur ums Geld", sagt König in Magdeburg. Die Verlängerung der schmerzhaften Praxis sei aus rein wirtschaftlichen Gründen gefallen. "Man entscheidet sich für die Wirtschaft und gegen das Tierwohl", sagte König.

Millionen Ferkel werden in Deutschland jedes Jahr wenige Tage nach der Geburt betäubungslos kastriert. Die Kastration soll verhindern, dass das Fleisch von Ebern einen strengen Geruch und Beigeschmack bekommt. Eine Reform des Tierschutzgesetzes hatte eigentlich ein Verbot der Kastration ohne Betäubung ab 2019 vorgesehen. Doch weil viele Schweinehalter das Fehlen von Alternativen beklagten, wurde die Übergangsfrist bis Ende 2020 verlängert. Nach dem Bundestag hatte am Freitag auch der Bundesrat den Weg für die Verlängerung freigemacht.

König widersprach der Darstellung der Branche, wonach Alternativen noch nicht praxisreif seien. Die Methoden seien erprobt und einsetzbar. "Aber das kostet natürlich Geld und Aufwand." Statt mit dem Verbot endlich das Leid der Tiere zu beenden, sei den Interessen der Schweine-Branche Vorrang eingeräumt worden. Dadurch habe der Bund eine verfassungswidrige Verschlechterung des Tierwohls in Kauf genommen.

Sachsen-Anhalts Tierschutzbeauftragter hält drei Methoden für praxistauglich. Ferkel könnten vor der Kastration durch eine Narkose betäubt werden. "Das kostet fünf Euro pro Schwein", sagte König. Das Kilo Schweinefleisch würde sich dadurch nur um wenige Cent verteuern.

Alternative dazu sei die Ebermast, bei der die Tiere gar nicht kastriert werden. Nur wenige Tiere entwickeln sich zum "Stinker", deren Fleisch später den unerwünschten Beigeschmack hat. Diese Tiere könnten vor der Schlachtung aussortiert werden, sagte König. In anderen Ländern werde dieses Verfahren erfolgreich angewendet.

Dritte Methode ist eine Impfung der Tiere. "Das ist die tiergerechteste Methode", sagte König. Die Branche argumentiere, dass Verbraucher solches Fleisch nicht akzeptierten, weil sie es für hormonell belastet hielten. Das sei jedoch nicht der Fall. Es handele sich um eine normale Impfung wie bei einer Krankheit. "Man könnte eine dieser drei Methoden sofort anwenden", sagte König.