1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Protest vorm Klinikum im Bikini

Tierschutz Protest vorm Klinikum im Bikini

Mit Kunstblut und Fesseln haben am Donnerstag Peta-Aktivistinnen Peta gegen Tierversuche in der Medizinerausbildung protestiert.

Von Elisa Sowieja 03.06.2016, 01:01

Magdeburg l Cindy Iglmann liegt im grauen Bikini auf einer Holzbank. Auf dem Kopf trägt sie Mäuseohren, aus ihrem Höschen guckt ein Plüschschwanz, Arme und Beine sind gefesselt. Von einer Frau in Kittel und Mundschutz lässt sie sich mit einer Riesen-Spritze Kunstblut auf den Bauch schmieren. An den Beinen leht ein Schild: „Tierfreies Studium ermöglichen!“ Ein Rentner läuft mit flüchtigem Blick vorbei, dreht sich dann doch nochmal um und starrt – ob aufs Schild oder den passabel gebauten Körper der 26-Jährigen, lässt sich nicht ausmachen.

Die Tierrechtsorganisation Peta legt es genau darauf an: Aufmerksamkeit. Direkt vor dem Haupteingang des Magdeburger Universitätsklinikums haben die insgesamt drei Aktivistinnen ihren Seziertisch aufgebaut. Zwei provozieren mit ihrer Optik, die Dritte verteilt Flyer. Der Protest richtet sich gegen Tierversuche in der Medizinerausbildung. „So sieht das nun mal aus, die Tiere machen das ja auch nicht freiwillig“, erklärt Peta-Mitarbeiterin Alena Thielert – die mit den Flyern – die Szenerie. Sie ist seit vergangener Woche auf Tour durch zwölf deutsche Universtitätsstädte. Maus und Arzt sind immer Freiwillige aus der Region, sie werden aus einem Helfer-Netzwerk rekrutiert.

Über die Magdeburger Medizinerausbildung, sagt Thielert, habe die Organisation aus Kreisen der Universität Hinweise darauf erhalten, dass bei Mäusen Herzinfarkte simuliert würden. In einer Pressemitteilung vorab hieß es zudem: „Tausende Tiere leiden und sterben dort jährlich in Übungen und Seminaren.“ Doch ganz exakt scheinen die Peta-Informationen nicht zu sein. Wie Professor Volkmar Leßmann, Direktor des Insituts für Physiologie auf Volksstimme-Nachfrage mitteilt, experimentiere man nicht mit Mäusen, sondern mit Laborratten. Im Rahmen des Physiologie-Praktikums würden pro Ausbildungsjahr nicht mehr als 30 Tiere getötet.

Zudem simuliere man keinen Herzinfarkt - bei dem ist die Blutzufuhr zum Herzen gestört -, sondern versetze den Ratten „sehr schwache Stromstöße“, um den Herzschlag zu beeinflussen und unterbreche kurzzeitig die Beatmung. Auch müssten die Tiere nicht leiden, sagt er: „Sie werden narkotisiert und danach mit einer Überdosis Narkosemittel sofort getötet.“

Aus Sicht von Peta-Mitarbeiterin Thielert sind Tierversuche in der Medizinerausbildung generell unnötig. „Es gibt Alternativen. Wir empfehlen zum Beispiel den TraumaMan, das ist eine sehr naturnahe Nachbildung des Menschen.“ Zudem ließen sich die Versuchsergebnisse nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen.

Leßmann hält an den Experimenten fest: „Unsere Tierversuche haben einen Umfang von weniger als zehn Prozent der Versuche, die noch in den 90er Jahren in denselben Lehrveranstaltungen durchgeführt wurden.“ Nur zwei Experimente führe er noch am Tier durch – und zwar aus Überzeugung. „Da die Physiologie das Zusammenspiel aller Organe im intakten Organismus lehren muss, ist der völlige Verzicht nicht in allen Bereichen sinnvoll und möglich.“ Meinung