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Trockenheit Sachsen-Anhalts Feuerwehr hart am Limit

Sachsen-Anhalt ächzt weiter unter der Trockenheit. Die Landwirte beklagen Millionenschäden, Feuerwehrleute gehen an ihre Grenzen.

Von Michael Bock 20.07.2018, 01:01

Magdeburg l Holger Kohl, Stadtwehrleiter in Ballenstedt (Landkreis Harz), kommt seit Wochen kaum noch zur Ruhe. Gerade erst hat es in zwei Nächten hintereinander gebrannt – wieder einmal. Kornfelder gingen in Flammen auf. Die Dürre beschert den rund 32 000 freiwilligen Feuerwehrleuten im Land Einsätze im Dauertakt. „Wir sind hart am Limit“, beschreibt Kohl die Situation. „Manch einer kommt fast gar nicht mehr aus den Stiefeln heraus. Auf Dauer hält das kein Mensch durch, definitiv nicht.“

Steffen Schneider, Ortswehrleiter in Zerbst, zeichnet ein ähnliches Bild. „Das geht gewaltig an die Substanz“, sagt er zu den Feuerwehr-Einsätzen. Kaum sei man nach einem normalen Arbeitstag zu Hause, „schon geht wieder der Pieper an“.

Die Dürre hält Tausende freiwillige Feuerwehrleute in diesen hitzigen Tagen überall im Land teils pausenlos in Atem. Zuweilen werden sie, wie zuletzt im Harz, noch während der Löscharbeiten zu neuen Brandherden gerufen.

Der Chef des Landesfeuerwehrverbandes, Kai-Uwe Lohse, sagt: „Die Belastung ist sehr hoch.“ Zwar gebe es momentan noch keine aktuelle Statistik. Aber: „Rein gefühlsmäßig sind die Einsätze in diesem Sommer mehr als doppelt so hoch als im vorigen Jahr.“

Nur im Saalekreis wurden in den zurückliegenden drei Wochen fast 100 kleine und große Brände auf Feldern und Ödland registriert. Regelmäßig stehen Felder und Wälder in Flammen. Der Schaden geht landesweit in die Millionen.

Allein bei einem Feldbrand bei Magdeburg wird der Verlust auf rund 100.000 Euro beziffert. Dort war ein Getreidefeld auf einer Fläche von 75 Hektar in Brand geraten.

Dazu kommt: Immer wieder werden auch teure Landmaschinen zum Opfer der Flammen. Allein in der Verwaltungsgemeinschaft Flechtingen (Landkreis Börde) gab es innerhalb von 48 Stunden drei folgenschwere Brände von Erntemaschinen. Erst zerstörte ein Feuer am Dienstagabend eine etwa 100.000 Euro teure Strohpresse bei Bregenstedt. Wenige Stunden später stand bei Zobbenitz ein Mähdrescher in Flammen. Der Schaden hier wird auf rund 200.000 Euro geschätzt.

Am Mittwoch dann konnte sich Landwirt Benjamin Krüger aus Belsdorf gerade noch in Sicherheit bringen, als sein Mähdrescher Feuer fing. Innerhalb kürzester Zeit war das Fahrerhaus voller Qualm. „Wir waren beim Roggenmähen, als ich Brandgeruch wahrnahm und im Spiegel blauen Qualm gesehen habe“, sagt Krüger. Mit einem Feuerlöscher versuchte er, an den Brandherd heranzukommen – vergeblich.

Innerhalb weniger Minuten schlugen Flammen aus dem Getreidebunker des Mähdreschers. Die Feuerwehren aus Behnsdorf und Flechtingen waren schnell vor Ort und konnten ein Ausbreiten des Feuers verhindern. Dennoch war es sehr schwierig, an die Brandnester in dem tonnenschweren Mähdrescher zu kommen. Mit Atemschutz krochen die Kameraden der freiwilligen Feuerwehr unter, auf und in die Maschine. Benjamin Krüger weiß, dass der Mähdrescher nicht mehr zu retten ist: „Ich gehe von einem wirtschaftlichen Totalschaden aus.“

Das Landwirtschaftsministerium rät zu Vorsichtsmaßnahmen. Mit Brandfurchen und Brandschutzstreifen auf den abzuerntenden Feldern könne die Bedrohung eingedämmt werden. Bei Waldbrandgefahrenstufe vier und fünf sei dies sogar Pflicht. Und: „Auf Feldern mit einem Abstand von unter 30 Metern zu einem Wald muss unmittelbar nach Anschnitt des Getreides ein Pflugstreifen entlang des Waldes gezogen werden.“ Auch sollten Geräte zur Bodenbearbeitung wie Pflug und Grubber sowie Löschwasser und Feuerlöscher für den Ernstfall bereitstehen.

Sachsen-Anhalts Ministerriege befasst sich in der Kabinettssitzung am Dienstag intensiv mit dem Dürre-Thema und möglichen Hilfen. Das Agrarministerium soll bis dann eine erste Bestandsaufnahme vorlegen.