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Untersuchung Zeugen mit Gedächtnislücken

Landtagsabgeordnete vernehmen im Rathaus von Stendal Beteiligte zu Vorkommnissen bei der Kommunalwahl 2014.

Von Thomas Pusch 06.04.2018, 20:01

Stendal l Ausnahmsweise in Stendal tagte der Untersuchungsausschuss des Landtages zur Wahlfälschung. Einem 83-jährigen Zeugen Otto Schulz sollte der Weg nach Magdeburg nicht zugemutet werden.

Sebastian Striegel (Bündnis 90/Die Grünen) wollte von Klaus Ortmann, 2004 Leiter des Büros des Oberbürgermeisters und für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich, wissen, ob er Mitglied einer Partei sei. „Diese Frage beantworte ich nicht“, sagte Ortmann. „Das müssen Sie aber, sie ist durch den Ausschuss gerechtfertigt“, entgegnete Striegel. „Ich entscheide selbst, welche Fragen ich beantworte“, blieb Ortmann stur. Das sei privat und gehöre nicht dorthin. Striegel wollte nicht locker- lassen, doch dann einigte man sich, kurz nicht-öffentlich im Ausschuss zu diskutieren.

Nach fünf Minuten ging die Sitzung weiter, Ortmann bekam andere Fragen gestellt. Neue Erkenntnisse kamen nicht dabei heraus. Er habe ohnehin mit der Wahl nicht so viel zu tun gehabt, nur im Rahmen der Pressearbeit. Das meiste habe er aus der Volksstimme erfahren. Hardy Peter Güssau kenne er dienstlich, aber eben nicht privat. Ebenso verhalte es sich mit Wolfgang Kühnel und Carsten Wulfänger

Am Schluss versuchte es Striegel noch einmal. „Sind Sie Mitglied in einer Partei“. Eisiges Schweigen. Beide fixieren sich. Dann formuliert Striegel die Frage neu. „Können Sie verneinen, dass Sie Mitglied der CDU sind?“ „Das kann ich“, bricht Ortmann sein Schweigen. Letztlich keine konkrete Antwort, aber immerhin war die Anspannung aus der Sitzung genommen.

Eine Schlüsselfigur im Zeugenreigen sollte der 83-jährige Schulz sein. Er war es schließlich, der während der Sitzung des Wahlausschusses bemerkte, dass der Anteil von Briefwahlstimmen bei Holger Gebhardt höher war als bei allen anderen Stadtratskandidaten. Der Zeuge war damals Beisitzer im Wahlausschuss. Das ist auch so im Protokoll vermerkt worden. „Ich hatte von meiner Partei einen Tipp bekommen, von wem, kann ich aber nicht mehr sagen“, so Schulz.

Überhaupt müsse man Verständnis dafür haben, dass in seinem Alter das Gedächtnis nicht mehr so gut funktioniere. Er könne sich aber daran erinnern, dass Wahlleiter Axel Kleefeldt gesagt habe, dass das in der Verwaltung auch schon aufgefallen sei und überprüft werde. Es sei aber auch nicht möglich gewesen, alle Wahllisten während der Sitzung durchzugehen.

Es habe dann noch eine Diskussion gegeben, wie bei so etwas in anderen Bundesländern verfahren werde. Was genau, das könne er nicht sagen. „Ich bin mit dem ganzen Wahlkram doch nicht vertraut“, sagte er. Bei der Abstimmung über die Gültigkeit der Stadtratswahl enthielt er sich.

Komplettiert wurde die Zeugenliste durch Doris Barniske, Sachgebietsleiterin Automatisierte Datenverarbeitung, und Marie-Luise Kloth, die für den Ablauf der Wahl zuständig war. Dass sich durch einen technischen Fehler das Wahlergebnis verschoben habe, könne sie so gut wie ausschließen. Oftmals werde ein technischer Fehler vermutet, dann aber sei doch nicht die Technik verantwortlich. Marie-Luise Kloth hatte in die Diskussion gebracht, dass es sich um ein technisches Problem handeln könnte.