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Verfassungsschutz Harte Hand gegen "Reichsbürger"

Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will per Erlass härter gegen Reichsbürger vorgehen.

Von Matthias Fricke 12.06.2017, 01:01

Magdeburg l Es ist der Höhepunkt einer sich radikalisierenden „Reichsbürger“-Szene: Im Oktober 2016 hatten Beamte eines Spezialeinsatzkommandos in Georgensmünd (Nordbayern) das Haus eines sogenannten Reichsbürgers gestürmt. Der 49-Jährige, der über mehr als 30 Waffen verfügte, schoss sofort auf die Polizisten. Vier Beamte wurden verletzt, einer von ihnen verstarb später im Krankenhaus.

Erst zwei Monate zuvor war eine Zwangsräumung bei dem „Reichsbürger“ Adrian Ursache in Reuden (Burgenlandkreis) eskaliert. Bei einer Schießerei mit ihm wurden zwei SEK-Beamte verletzt, auch er selbst.

Inzwischen wurde Anklage gegen ihn wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie des Verstoßes gegen das Waffen­gesetz am Landgericht Halle erhoben.

Er hatte einen Kleinen Waffenschein und besaß erlaubnisfreie Waffen. Der Burgenlandkreis soll zwar schon an einem Widerrufsverfahren gearbeitet haben, dieses kam aber sechs Wochen zu spät.

Um solche Fälle wie in Nordbayern und Sachsen-Anhalt künftig schon im Vorfeld zu verhindern, will die am Montag beginnende Innenministerkonferenz in Dresden über Möglichkeiten einer „Entwaffnung“ von „Reichsbürgern“ beraten.

Während die Bundesländer mit SPD-Regierungsmehrheit die Auffassung verteten, dass Personen dieser Szene grundsätzlich nicht die Zuverlässigkeit zum Führen einer Waffe besitzen, wollen die Länder mit CDU-Mehrheit eine Einzelfallprüfung.

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) meint: „Alles andere wäre auch Gesinnungsrecht. Das geht nicht. Allerdings ist es sehr wichtig, dass die Waffenbehörden die Erkenntnisse über mögliche Reichsbürger haben, um dann genauer hinsehen zu können.“ Es sei bei dieser Personengruppe eine Tiefenprüfung nötig. Sobald diese an der Zuverlässigkeit zweifeln lässt, sei eine Entwaffnung rechtlich auch „eine saubere Sache“.

Die Waffenbehörden in Sachsen-Anhalt seien zudem bereits seit Ende Mai 2017 per Erlass angewiesen, „einen strengen Maßstab anzulegen und im Zweifel die Zuverlässigkeit bei Reichsbürgern zu verneinen“.

In diesen Fällen würde erst gar keine Erlaubnis erteilt bzw. Verfahren widerrufen. Im Land seien bisher zehn solcher Widerrufsverfahren eingeleitet worden. „Ergebnisse liegen uns noch nicht vor“, so Stefan Brodtrück vom Innenministerium.

Des Weiteren sind in dem Erlass des Innenministeriums, der bereits rechtskräftig ist und mit dem Datenschutzbeauftragten abgestimmt sei, die Waffenbehörden der Landkreise aufgefordert, sich an den Landesverfassungsschutz zu wenden und zu fragen, ob in dem jeweiligen Bereich jemand der Reichsbürgerszene angehört.

Auch der Polizei sollen diese Daten und Erkenntnisse künftig übermittelt werden. Die Polizeigewerkschaften begrüßen das. Uwe Petermann von der Gewerkschaft der Polizei (GdP): „Wir können uns so besser auf Einsätze vorbereiten. Es erleichtert uns zudem erheblich die Arbeit, wenn wir Informationen besser austauschen.“

Skeptisch zeigt sich die Opposition im Landtag. Henriette Quade von den Linken: „Ich glaube nicht an einen realen Sicherheitsgewinn, so lange der Landesverfassungschutz darüber entscheidet, welche Daten er weitergibt und welche nicht.“