Innenminister Holger Stahlknecht will bis Jahresende Wirtschaftlichkeit prüfen Vergaloppiert: Interne Gutachter halten eine Reiterstaffel für unnötig
In einem Zwischenbericht des Innenministeriums bezeichnen interne Gutachter eine Reiterstaffel als unnötig. Sie nennen eine Investitionssumme in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Innenminister Holger Stahlknecht hält an seinem Vorhaben fest.
Magdeburg l In einem internen Bericht des Innenministeriums wird die Einrichtung einer Reiterstaffel für besondere Anlässe wie Demonstrationen und Veranstaltungen als uneffizient bezeichnet. Untersucht wurden zurückliegende Einsätze, bei denen die Reiterstaffel "taktisch zweckmäßig" gewesen wäre. Laut Bericht soll dies 19-mal im Jahr 2011 der Fall gewesen sein. "Durchschnittlich an 38 Einsatztagen im Jahr hätte auch eine Einsatzunterstützung geprüft werden können." Für eine effektive Auslastung einer Reiterstaffel müsste "das Dienstpferd aber intensiver integriert werden", moniert der Bericht weiter.
Für eine erste Kostenschätzung wurde ein Bestand von 15 Dienstpferden sowie eine Personalausstattung von 22 Polizeivollzugsbeamten zugrunde gelegt. Für die unmittelbare Pflege und Betreuung der Dienstpferde haben die Beamten des Innenministeriums auch drei Pferdepfleger mit einbezogen. Des Weiteren wurden in der kalkulatorischen Annahme Transportkapazitäten für die Dienstpferde und die Reiter sowie Kosten für Stall-, Auslauf- und Trainingsflächen betrachtet.
Allein für das erste Jahr sieht der Bericht schließlich Kosten von rund 700000 Euro auf den Landeshaushalt zukommen. Weitere 900000 Euro kommen als Personalkosten dazu. Staatssekretär Ulf Gundlach: "Wir müssen aufgrund der Ergebnisse darüber nachdenken, wie wir die Staffel auch über die bisher untersuchten Einsätze hinaus im Land nutzen. Ich könnte mir einen Umzug unseres Gestüts von Zörbig (Anhalt-Bitterfeld) nach Magdeburg in den Reitstall Magdeburg vorstellen. Dort könnten die Reiter auch durch den Herrenkrug und Stadtpark streifen."
"Reiterstaffel ist ein zu teures Showprojekt."
Johann Lottmann
Innenminister Holger Stahlknecht wollte sich gestern zum Thema Reiterstaffel nicht persönlich äußern. Er ließ durch seine Sprecherin mitteilen: "Über die Einführung einer Polizei-Reiterstaffel in Sachsen-Anhalt ist bisher keine Entscheidung getroffen worden." Im Innenministerium werde eine "taktische Eignung des Einsatzmittels Pferd" genau geprüft und auch die finanziellen Aspekte untersucht. Mit ersten Ergebnissen sei erst Ende des Jahres zu rechnen.
Für die Polizeigewerkschaften stehe fest, dass sich der Innenminister vergaloppiert hat. Uwe Petermann von der Gewerkschaft der Polizei: "Selbst die Fahrradstaffel ist in Gänze im Sog der Personalnot verschwunden. Ich frage mich, woher die Beamten für eine Reiterstaffel kommen sollen." Wolfgang Ladebeck von der Deutschen Polizeigewerkschaft DpolG: "Für uns steht eine Reiterstaffel auf der Prioritätenliste ganz weit unten."
Selbst der ehemalige Landespolizeidirektor Johann Lottmann hat als aktiver Reiter von der Staffel abgeraten. In einem von ihm zum Thema veröffentlichten Beitrag heißt es: "Die geplante Reiterstaffel Sachsen-Anhalt ist angesichts von zahlreichen Haushaltsmängeln ein zu teures Showprojekt." Er verwies darin auch, dass zum Beispiel Berlin die Pferde gerade abgeschafft und andere Bundesländer ihre Staffel verkleinert haben. Seite 5