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Verkehrssünderkartei Das Geschäft mit dem „Idiotentest“

Das Interesse an Vorbereitungskursen für MPU-Prüfungen ist in Sachsen-Anhalt gestiegen. Nicht alle Anbieter aber haben gute Absichten.

24.07.2017, 23:01

Magdeburg (dpa/aw) l Betrunken Auto gefahren, mit Tempo 140 durch die 70-Zone. Vor genau 60 Jahren wurde für solche Vergehen die zentrale Verkehrssünderkartei in Flensburg eingerichtet. Bei schweren Verstößen droht bis heute der Führerscheinentzug. Häufig bekommt man ihn nur über einen speziellen Eignungstest zurück. Darauf können sich Verkehrssünder mit Kursen vorbereiten. Ein Markt, der schwarze Schafe anzieht: Laut Landesverwaltungsamt wurden 2015 gut 2000 medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) in Sachsen-Anhalt abgenommen.

Die im Volksmund auch als „Idiotentest“ bekannte Prüfung allein kostet 340 bis 700 Euro. Nur wenn die Beurteilung eines Gutachters positiv ausfällt, erhält der Verkehrssünder seinen Führerschein zurück. Doch die Durchfallquote ist hoch, 760 Teilnehmer und damit 38 Prozent rasselten 2015 durch die Prüfung. „Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass eine gute Vorbereitung wichtig ist“, sagt Udo Kranich von der Dekra in Sachsen-Anhalt, die MPU-Prüfungen abnimmt. In den vergangenen Jahren habe daher die Zahl derer, die Vorbereitungskurse in Anspruch nehmen, zugenommen. Doch Kranich warnt: „Es gibt schwarze Schafe unter den Anbietern.“ Derzeit könne sich jeder MPU-Berater nennen. Auch Gestaltung und Dauer der Kurse seien nicht festgelegt.

Je nach Anbieter schwanken die Kosten für eine Stunde zwischen 50 und 100 Euro. „500 bis 1000 Euro sind da schnell weg“, sagt Kranich. Wolfgang Prescher, Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Sachsen-Anhalt, rät bei der Auswahl des Seminaranbieters auf Professionalität zu achten. Aufmerksam sollten sie etwa werden, wenn die Anbieter mit einer „Erfolgsgarantie“ werben, ergänzt Verkehrspsychologe Reinhard Bath.

Infografik: Deutschlands Verkehrssünder | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Den Führerschein muss abgeben, wer in der Flensburger Verkehrssünderkartei, die seit 2014 Fahreignungsregister heißt, acht Punkte angesammelt hat. Während das Interesse an MPU-Vorbereitungen steigt, hat jenes für Fahreignungsseminare, die die Fahrschulen anbieten, abgenommen. Dabei können Fahrer ihre Punkte in Flensburg abbauen. Grund für das geringe Interesse: Die Seminare kosten heute mehr als vor der Umstellung des Punktesystems 2014. Außerdem seien sie freiwillig, sagt Wolfgang Prescher.