1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Behörden knausern im Schadensfall

Versicherung Behörden knausern im Schadensfall

80 Prozent der Schadenersatzsprüche durch Schlaglöcher, Sturmschäden oder ähnliche Fälle werden in Sachsen-Anhalt abgelehnt.

Von Matthias Fricke 12.02.2018, 00:01

Magdeburg l Vor dem Landgericht Magdeburg klagt seit knapp zwei Jahren ein Busunternehmer. 1700 Euro möchte er vom Land Sachsen-Anhalt zurück, weil durch Mäharbeiten auf der vierspurigen B 6 in Höhe Quedlinburg ein Stein die Seitenscheibe seines Kleinbusses zerstört hat. Inzwischen steht nach Zeugenvernehmungen und Gutachten fest: Der Stein kam aus der Mähmaschine des Landesstraßenbaubetriebes. Doch die Anwältin des Landes lässt nicht locker. In der letzten mündlichen Verhandlung sagte sie auf die Frage von Zivilrichter Christian Löffler nach einem möglichen Vergleich: „Sie wissen doch, dass das Land nur ungern zahlt.“ Nun soll am 15. Februar das Urteil fallen. Das Gericht muss bis dahin die Frage klären, ob das Land auch alles Nötige getan hat, um den Unfall zu verhindern. Wenn ja, und der Busunternehmer verliert den Prozess, wird es für ihn teuer: Die Prozesskosten belaufen sich schon jetzt auf mehr als 5000 Euro.

Die eiserne Haltung beim Ausgleich von Schadenersatzansprüchen ist in Sachsen-Anhalt kein Einzelfall. Nach Angaben der Landesstraßenbaubehörde (zuständig für rund 7700 Kilometer Bundesstraßen, Autobahnen und Landstraßen) sind im vergangenen Jahr von 57 Anträgen 43 abgelehnt worden. Zwei Klagen laufen, erklärt Verkehrsministeriumssprecher Andreas Tempelhof. Nur 14 Fälle wurden anerkannt und 22.000 Euro aus der Landeskasse gezahlt.

Die Regulierung für die elf Landkreise und drei kreisfreien Städte übernimmt hingegen der Kommunale Schadensausgleich (KSA) als Haftpflichtversicherer. Dessen Sprecher Klaus Kocks sagt: „Für einzelne Bundesländer haben wir keine Statistik.“ Eine Umfrage der Volksstimme unter allen elf Landkreisen und drei kreisfreien Städten ergab aber folgendes Bild: 341 Anträge auf Schadenersatz gab es (einschließlich Landesstraßenbaubehörde) insgesamt. 80 sind noch nicht bearbeitet. Von den übrigen 261 wurden 209 Anträge abgelehnt. Das sind etwa 80 Prozent. Die KSA musste nach den Angaben der Verwaltungen im vergangenen Jahr 23.860 Euro auszahlen.

Die meisten Anträge auf Schadenersatz sind in Magdeburg gestellt worden. Hier sollen laut Stadtsprecher Michael Reif mehr als die Hälfte Sturmschäden betreffen. In Halle spielten hingegen überwiegend Schäden durch Schlaglöcher, Kanaldeckel und erhöhte Bordsteinkanten eine Rolle. Sie machten die Hälfte aller 65 Anträge auf Schadenersatz aus.

Doch woran liegt die hohe Ablehnungsquote? Verbraucherschutz-Anwalt Ronni Krug: „Man muss in solchen Fällen der Kommune oder dem Land eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nachweisen. Das ist meist sehr schwer.“ Zum Beispiel reiche bei Schlaglöchern oft schon ein Warnschild und schon ist der Autofahrer mit in der Verantwortung.