Viele Fischbecker stehen vor einem zerstörten Zuhause "Versicherung kann Erinnerungen nicht ersetzen"
Fischbeck. "Die Tränen sitzen immer wieder da", sagt Kathrin Köppe und zeigt auf ihre Kehle. Doch sie will nicht weinen, auch wenn die Flut ihre Familie schwer erwischt hat. Das komplette Erdgeschoss stand unter Wasser, Keller und Garten ohnehin. "Küche, Bad und Wohnzimmer sind weg", sagte sie beherrscht. Die Situation sei merkwürdig gewesen. "Fremde Menschen haben mir geholfen, die Schränke auszuräumen, aber das habe ich alles so hingenommen", schildert sie.
Am Sonntag vor dem Bruch stand sie am Deich, half mit bei dem Rettungsversuch. "Da waren so viele auch außerhalb von Fischbeck, das war toll", erzählt sie. Mitgeholfen hat auch Guido Neuer. "Da war auch ein Helfer aus Bayern, und als ich fragte, ob die da unten nicht schon genug zu tun hätten, meinte der nur, dass da die Flut durch ist und er hier Schaden verhindern will", erinnert er sich.
"Die Menschen hier haben Angst" - Wehrleiter André Köppe
Neuers Eltern gehören zu denjenigen, die Kathrin Köppe meint, wenn sie sagt: "Andere hat es schwerer getroffen." Es muss abgerissen werden. "Das Wasser stand 1,50 Meter hoch, dazu kam noch die Strömung", schildert er. Derzeit sind seine Eltern auf dem Campingplatz in Hohennauen. Glück im Unglück: Seine Eltern hatten eine Elementarversicherung abgeschlossen. Und dennoch: "Die Erinnerungen, die verlorengegangen sind, und die Kraft, die in das Haus gesteckt wurde, kann keine Versicherung ersetzen." Aber seine Eltern werden wieder zurückkommen, in eine Drei-Raum-Wohnung.
Doch nicht alle evakuierten Fischbecker wollen sich wieder der Flutgefahr aussetzen. "Der Mann kommt nicht wieder", zeigt André Köppe auf ein Haus, "und die Familie auch nicht", schaut er auf ein Haus die Fährstraße weiter in Richtung Elbe. Der Fischbecker Wehrleiter hilft seinen Eltern beim Ausräumen ihres Hauses, das auch schwer erwischt wurde. "Die Menschen haben Angst, fürchten, dass es sie beim nächsten Hochwasser wieder erwischt", sagt er.
Am Sonntag vor dem Deichbruch hatten seine Eltern Fischbeck verlassen. Der Schock war natürlich groß, als sie vergangenen Donnerstag zum ersten Mal sahen, was das Wasser angerichtet hatte. Am Dienstag war ein Statiker im Haus, nun muss das Gutachten abgewartet werden. "Ich will wieder zurück, ich wohne in der vierten Generation in diesem Haus", ist Roswitha Köppe entschlossen. Wann und ob das so sein wird, kann noch niemand sagen. "Vielleicht klappt es bis Weihnachten, vielleicht erst später", überlegt der Wehrleiter. Seine Mutter will aber auch etwas Positives anmerken: "Die Hilfsbereitschaft unter den Menschen war großartig, wir waren in Brettin untergebracht, bei der Schwester meiner Schwiegertochter."
Die steht mit Ewald Kittner von der Caritas Stendal und Alex Bohn von Caritas International auf dem Hof vor dem Dorfgemeinschaftshaus. "Welche Hilfen haben sie denn schon bekommen?", fragte Kittner. "Ich bin nicht jemand, der zu den Hilfsorganisationen geht, ich muss das so hinkriegen", sagt Kathrin Köppe.
"Die schlimme Lage begreiflich machen" - Alex Bohn (Caritas)
Die Caritas begann ihr Engagement für die Flutopfer mit dem Verteilen von Flugbroschüren in der Notunterkunft Stendal. "Wir hatten 300 Stück, die waren schnell vergriffen, da haben wir nachgedruckt", erzählt Kittner. Seit vergangenen Freitag hat der Wohltätigkeitsverband 20 Großtrockner sowie Pumpen, Hochdruckreiniger, Gummistiefel, Müllsäcke und Handschuhe im Überflutungsgebiet verteilt. "Das Geld dafür stammte von Caritas International, das über Magdeburg verteilt wurde", sagt Kittner.
Und für den Dachverband verschafft sich Alex Bohn als Öffentlichkeitsmitarbeiterin nun ein Bild vor Ort, wird Informationen auf die Internetseite der Caritas stellen. "Das soll den Menschen in anderen Regionen auch begreiflich machen, wie schlimm die Lage hier ist und den Spendenfluss, der auch bei uns geringer als 2002 ist, auf Touren bringen", sagt sie.