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Versorgung Schwere Geburt für Landarztquote

In Sachsen-Anhalt gestalten sich Einführung und Umsetzung der Landarztquote schwierig. Nun will sich das Kabinett damit beschäftigen.

Von Janette Beck 13.10.2018, 01:01

Magdeburg l Karin Willert macht sich Sorgen. Die Allgemeinmedizinerin aus Salzwedel wird im November 64 Jahre alt. Noch eineinhalb Jahre möchte sie arbeiten und dann ihre Niederlassung an einen Nachfolger abgeben. Doch der wird verzweifelt gesucht. Seit zwei Jahren: „Wenn sich niemand findet, wird ein riesiges Loch gerissen, denn ich betreue im Quartal über 2000 Patienten. Die stünden dann alle ohne Hausarzt, wenn sich kein Nachfolger für die Praxis findet.“

Das Beispiel der Altmärkerin ist eines von vielen – in Sachsen-Anhalt, aber auch bundesweit: Es fehlen Hausärzte, vor allem im ländlichen Raum. Nach Angaben der Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA) sind aktuell 138 Stellen außerhalb der kreisfreien Städte Halle, Magdeburg und Dessau unbesetzt. Einer Prognose nach scheiden bis zum Jahr 2032 bis zu 900 Hausärzte aus – meist aus Altersgründen. Um den derzeitigen Versorgungsstand zu halten, würden dann laut KVSA 260 Hausärzte fehlen. „Wir sehen einen großen Bedarf an Haus- und auch an Fachärzten im ambulanten Bereich – vor allem in ländlich geprägten Gebieten. Deswegen befürworten wir auch die Landarztquote“, erklärt der KVSA-Vorsitzende Burkhard John auf Anfrage.

Besagte Quote – verankert im „Masterplan Medizinstudium 2020“ des Bundes – steht auch in Sachsen-Anhalt auf der Agenda. Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) erklärt dazu: „Das Ministerium positioniert sich klar für die Einführung der Landarztquote.“

Konkret gehe es darum, Studienplätze für angehende Mediziner zu reservieren, die sich verpflichten, im Anschluss an ihre Ausbildung als Arzt für eine gewisse Zeit im ländlichen Raum zu arbeiten. Gerade für Bewerber, die sich im Numerus-clausus-Vergleich nicht durchsetzen können, ist die Landarztquote durchaus ein überlegenswerter „Deal“. Ihnen bietet sich so die Chance, ohne Wartesemester und Einser-Abitur einen der begehrten Medizinstudienplätze zu ergattern.

Zur Anwendung kommen soll die Landarztquote, so der Plan, zum kommenden Wintersemester 2019/20. Das derzeitig diskutierte Modell sieht laut Professor Hermann-Josef Rothkötter, Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Magdeburg, Folgendes für die Unis in Halle und Magdeburg vor: „Maximal 23 Studienplätze pro Semester – das sind 5 Prozent innerhalb der sogenannten Vorabquote – sollen an die Landarzt-Bewerber gehen.“ Eine Aufstockung der Studienplätze insgesamt sei kein Thema, so der Dekan: „Das ist vor allem eine Kostenfrage: Sechs Jahre Medizinstudium kosten die Unis rund 200.000 Euro pro Student. Mal 23 würde das Ganze auf 4,2 Millionen Euro aufwachsen.“

Die gesetzlichen Weichen für die Umsetzung der Landarztquote müssen allerdings noch gestellt werden. Das größte Problem dabei ist die von Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) angedachte „Landeskinderquote“, mit der Studenten aus Sachsen-Anhalt bei der Bewerbung um einen Studienplatz bevorzugen werden sollen.

Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) sieht wenig Chancen für den Haseloff-Plan. „Eine Landeskinder-Quote halte ich rechtlich für nicht umsetzbar“, erklärte der Minister mit Verweis darauf, dass das Bundesverfassungsgericht vor Jahren die Bevorzugung von Landeskindern bei der Studienplatz-Vergabe generell für unzulässig erklärt habe. „Mehr Chancen hat die Quote für Landärzte. Aber auch hier müssen wir im Interesse von Bewerbern wie Universitäten darauf achten, ein rechtssicheres Verfahren zu schaffen.“