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Wahlaffäre Stendal Güssau ahnte Fälschung frühzeitig

Nach dem Rücktritt von Landtagspräsident Güssau wegen seiner Rolle in der Stendaler Wahlaffäre gibt es weiter viele Fragezeichen.

28.08.2016, 23:01

Magdeburg/Stendal l Wann wusste Hardy Peter Güssau (CDU) erstmals etwas über eine mögliche Manipulation bei der Stendaler Briefwahl? Über erste Anzeichen hat er jedenfalls bereits gesprochen, bevor diese öffentlich diskutiert worden waren. Daran erinnert sich der frühere Landeswahlleiter Klang, der zu dem Zeitpunkt Verkehrs-Staatssekretär war. Laut Klang hat Güssau ihn bereits am 20. Juni 2014 im Landtag darauf angesprochen, dass Gerüchte aufgekommen seien, es könnten bei den Vollmachten Unterschriften gefälscht worden sein. Dies sei sehr genau aufzuklären und beim ersten Verdacht Strafanzeige wegen Urkunden- und Wahlfälschung zu stellen, habe er angemerkt, erinnert sich der heutige Finanz-Staatssekretär.

Auf Güssaus Nachfrage, wie die Aufklärung am besten geleistet werden könne, gibt Klang seine Einschätzung so wider: „Der einfachste Weg ist, die Personen, die Briefwahl beantragt haben, direkt zu kontaktieren, ob Vollmachten selbst erstellt und bei der Briefwahl die eidesstattliche Versicherung eigenständig unterschrieben worden ist.“ Doch genau das geschieht in Stendal nicht, nachdem im Rathaus Mitte Juni feststand, dass 179 Briefwahlunterklagen an nur zwölf Bevollmächtige abgegeben worden waren – erlaubt waren jedoch maximal vier je Bevollmächtigtem.

Der Stendaler CDU-Abgeordnete will dagegen nur ein Gespräch mit Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (CDU) vermittelt haben: „Es ging darum, dass sich die beiden Juristen mitein­ander austauschen.“ Auch ein Gespräch mit dem Kreiswahlleiter, Stendals Landrat Carsten Wulfänger (CDU), sollte so zustande kommen. Eines machten beide Wahlleiter jedenfalls nicht – sie riefen nicht bei auch nur einem der 179 Wahlberechtigten an, die eine Vollmacht abgegeben haben sollen. Hätten sie es getan, wäre schnell klar gewesen, dass die Vollmachten weitgehend gefälscht worden waren. Stattdessen ließen beide Wahlleiter ihre Mitarbeiter Unterschriften auf den Vollmachten mit denen aus dem Einwohnermeldeamtsregister vergleichen. Doch diese entdecken die Fälschungen nicht. Nur drei Unterschriften erscheinen ihnen zweifelhaft. Eine Anfrage beim damaligen Landeswahlleiter Ulf Gundlach (CDU), ob in einem solch ungewöhnlichen Fall diese Form der Prüfung möglich beziehungsweise sinnvoll ist, unterblieb.

Welche Inhalte hat Güssau aus seinem Gespräch an den Kreis- und den Stadtwahlleiter übermittelt? Diese Frage beantworten weder er noch die beiden Wahlleiter. Gegen Wulfänger und Kleefeldt liegen Abwahlanträge vor, über die Kreistag und Stadtrat Anfang September entscheiden. Wulfänger will sich nicht mehr äußern, da die Kreistagsfraktion Linke/Grüne eine Strafanzeige gegen ihn erwägt. Stattdessen stellte er gegen die Fraktion Strafanzeige wegen Verleumdung.