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Wahlskandal Stendal Güssau: "Wir haben gekämpft und verloren"

WhatsApp-Nachrichten zeigen, wie Landtagspräsident Hardy Peter Güssau als Stendaler CDU-Chef bei der Wahlaffäre getarnt und getrickst hat.

16.08.2016, 06:39

Stendal/Magdeburg l „Ich habe nicht vertuscht, nicht getarnt und auch nicht getrickst“ – diesen Satz aus seiner Rücktrittserklärung hat Landtagspräsident Hardy Peter Güssau (CDU) in den vergangenen Tagen stets beteuert. Doch den Verdacht konnte er in den Fraktionen und vor Journalisten nicht entkräften. Die von der Volksstimme aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft zitierten elektronischen Nachrichten sprechen eine andere Sprache. Vier Beispiele:

„Gestern einen machbaren Weg mit Klaus besprochen und Kleefeldt hat mitgemacht.“ (21. Juni 2014)

Laut Güssau hat er einen Kontakt zwischen dem Ex-Landeswahlleiter Klaus Klang und Stendals Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (beide CDU) hergestellt: „Es ging in meiner Erinnerung darum, dass sich die beiden Juristen miteinander austauschen.“

Zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass das Stendaler Rathaus 179 Briefwahlunterlagen (diese Zahl wird später auf 189 korrigiert) an nur zwölf Bevollmächtigte ausgegeben hat. Ein klarer Verstoß gegen die Kommunalwahlordnung.

Eine besondere Lösung habe er nicht im Blick gehabt, so Güssau. Es handele sich „bei beiden um sehr selbstbewusste Juristen, die sich von mir als Lehrer bestimmt keine juristische Lösung vorschreiben lassen würden“. Kleefeldt habe sich zu diesem Austausch bereit erklärt. Güssau: „Darauf bezog sich das Verb ,mitmachen‘.“

„Dr. Klang hat eine mögliche Lösung gestern Carsten vorgeschlagen. Hoffentlich macht Axel mit!“ (24. Juni 2014)

„Die Einzelheiten dieser rechtlichen Lösung sind mir nicht erinnerlich“, lautet hier Güssaus Verteidigungsstrategie. Konkreter wurde er nicht. Auch der hier als „Carsten“ bezeichnete Stendaler Landrat Carsten Wulfänger (CDU) und der heutige Finanzstaatssekretär Klaus Klang wollten sich dazu bislang nicht äußern.

Selbst CDU-Kreise stützen inzwischen diese Rekonstruktion: Es ging um den Weg, trotz der 179 falsch ausgegebenen Briefwahlunterlagen die Wahl für gültig erklären zu können. Die Idee: Ein Vergleich der Unterschriften auf den Vollmachten und den im Einwohnermeldeamt registrieren. Sollten diese identisch sein, könnte man die Stimmen gelten lassen.

So verfuhr Wulfänger – und später Kleefeldt. Mit dem damaligen Landeswahlleiter Ulf Gundlach (CDU) sprachen sie darüber nicht. Die Fälschungen wurden nicht erkannt.

„Wenn es erst da ist, ist es nicht mehr in unserer Hand“ (4. Juli 2014)

Am 4. Juli erhielt Güssau eine Mail von Stadtwahlleiter Kleefeldt. Lediglich dem CDU-Stadtchef teilt Kleefeldt mit, dass eine eidesstattliche Erklärung zu einer gefälschten Vollmacht vorliegt. Güssau erfuhr von ihm sogar den Namen Florian M. und den des vermeintlichen Vollmachtgebers Wolfgang M. Zudem erklärte ihm der Wahlleiter, dass er eine Strafanzeige beabsichtige.

Güssau schaltete sich ein. Mit obigem Zitat wandte er sich an Gebhardt und CDU-Kreischef Wolfgang Kühnel. Es sei eine „Zustandsbeschreibung“ gewesen, sagte Güssau vor Journalisten. In seinen Antworten erläuterte er, dass er Gebhardt gefragt habe, „ob er irgendetwas mit der Angelegenheit“ zu tun habe. Laut Güssau habe Gebhardt dies bestritten. Zugleich soll er aber erklärt haben, dass mit Herrn M. „eine Verwechselung passiert sei und er sich um Aufklärung bemühen werde“.

„Wir haben gekämpft und verloren“ (8. Juli 2014)

Hardy Peter Güssau schrieb diese Nachricht am 8. Juli um 0.26 Uhr an CDU-Kreischef Kühnel. Am Abend zuvor hatte der Stendaler Stadtrat gegen die Stimmen der CDU-Fraktion für eine Wiederholung der Briefwahl gestimmt. Güssau betonte vor den Fraktionen und Medienvertretern, dieser Satz sei eine „Überschrift“ für die dann folgenden Sätze gewesen. Es habe Abstimmungen über die Größe der Ausschüsse gegeben, die die CDU verloren habe.

Das stimmt nicht. Diese Auseinandersetzung war vertagt worden. Die CDU hatte bei der Besetzung des wichtigen Hauptausschusses gegenüber der SPD sogar Losglück gehabt.

Die unmittelbar folgende Nachricht lautet übrigens „Briefwahl neu“.