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Wahlwiederholung AfD macht „Tabula rasa“

Die Landesspitze in Sachsen-Anhalt geht mit eisernem Besen gegen parteinterne Kritiker vor.

26.04.2017, 23:01

Magdeburg l Der AfD-Landesvorstand hat am Dienstagabend einstimmig beschlossen, die Wahlen der bereits bestätigten AfD-Bundestags-Direktkandidaten Armin Friese (Harz), Wolfgang Rehfeld (Börde – Jerichower Land) und Kay-Uwe Ziegler (Anhalt) wiederholen zu lassen.

Diesen Schritt hatte Parteichef Poggenburg bereits Anfang April gegenüber der Volksstimme angekündigt. Er wirft den drei Direktkandidaten und einigen Kreischefs vor, an Umsturzplänen gegen den Landesvorstand beteiligt gewesen zu sein. Bei einem Parteitag Ende März waren Auszüge aus einem 370-seitigen Chat veröffentlicht worden, die die Verschwörung belegen sollen. Dem Vorstand lägen Beweise für „schwerwiegende Vergehen“ vor, sagte Poggenburg am Mittwoch. „Mit normaler Kritik hat das nichts mehr zu tun – das ist umstürzlerisches Verhalten.“ Die „Verschwörer“ hätten versucht, „im Geheimen subversiv zu agieren“. Poggenburg verwies auf einen Beschluss des Parteitags. Darin hatten die Delegierten den Vorstand aufgefordert, geeignete Maßnahmen gegen die „Verschwörer“ zu ergreifen. Die Direktkandidaten seien noch nicht offiziell bei der Landeswahlleitung eingereicht worden – deshalb sei eine Neuwahl möglich.

Friese, Rehfeld und Ziegler sehen keine rechtliche Grundlage für eine Wahlwiederholung. Sie bestreiten vehement, Umsturzpläne gehegt zu haben. Bis heute wüssten sie nicht, was ihnen konkret vorgeworfen werde, sagen sie unisono. Kay-Uwe Ziegler betonte gestern, er habe dem Vorstand mehrfach Gesprächsangebote unterbreitet. Darauf sei aber nicht reagiert worden: „Das ist schon sehr befremdlich“.

„Mit mir hat bislang niemand gesprochen“, sagte auch Armin Friese. Die Vorwürfe seien konstruiert worden. Man werde „öffentlich gedemütigt“, Friese: „Missliebige Leute sollen kaltgestellt werden.“ Der AfD-Politiker kündigte an, vor das Bundesschiedsgericht der Partei zu ziehen.

„Offiziell weiß ich von gar nichts“, sagte Wolfgang Rehfeld. Er und Ziegler haben bereits angekündigt, bei einer Neuwahl wieder anzutreten. Friese hält sich diese Entscheidung noch offen.

Auch mehreren Kreischefs geht es jetzt an den Kragen. Parteivize Ronny Kumpf bestätigte, dass der Landesvorstand im Zusammenhang mit den Chat-Aktivitäten beschlossen habe, „dass mehr als ein Kreisvorsitzender des Amtes enthoben werden soll“. Andere sollten abgemahnt werden. Namen wollten weder er noch Poggenburg nennen. Im Visier des Vorstands ist vor allem Daniel Roi, AfD-Landtagsabgeordneter und Kreischef in Anhalt-Bitterfeld. Er gilt als Poggenburgs einflussreichster Gegenspieler. Sein Verhältnis zum Parteichef ist zerrüttet. Roi war gestern nicht zu erreichen.

Die Entscheidung über Strafen für die Kreischefs trifft letztlich das Landesschiedsgericht. Dessen Vorsitzender Bodo Walther ist vorige Woche überraschend zurückgetreten. Das bestätigte der Rechtsanwalt der Volksstimme. Walther war beim Parteitag heftig mit dem Poggenburg-Vertrauten Hans-Thomas Tillschneider aneinandergeraten.

Dem Vernehmen nach soll der Posten mit einem Poggenburg-Getreuen besetzt werden. Zu hören ist, dass der Halberstädter Anwalt Christian Hecht neuer Chef werden soll. Hecht war erst Ende März in das Landesschiedsgericht gewählt worden. Dem Schiedsgericht kommt große Bedeutung zu. So muss es etwa über eine vorliegende Anfechtung des Listenparteitags entscheiden.

Der SPD-Landesvorsitzende Burkhard Lischka spricht indes von nordkoreanischen Verhältnissen in der AfD. „Und täglich grüßt der große Führer Kim Jong Poggenburg“, spottete er über den Kurznachrichtendienst Twitter.