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Wallfahrt Kerkelings Buch lockt Pilger in Vorharz

Ein Mönch, der auf der Huysburg lebt, spricht über die Pilgergäste, die in dem Kloster am Jakobsweg Quartier beziehen.

Von Elisa Sowieja 21.09.2016, 01:01

Dingelstedt l Auf der Huysburg im Vorharz veranstaltet die St. Jakobus-Gesellschaft Sachsen-Anhalt ab Donnerstag eine Fachtagung zum Pilgern. Das Kloster liegt selbst am Jakobsweg. Jakobus Wilhelm ist dort Ordensbruder.

Ende 2015 lief im Kino der Film zu Hape Kerkelings Pilger-Bestseller „Ich bin dann mal weg“. Hat sich das in Ihrem Pilgerzulauf bemerkbar gemacht?

Jakobus Wilhelm: Beim Film haben wir keinen Anstieg der Gästezahl wahrgenommen. Aber als vor zehn Jahren das Buch erschien, war das schon der Fall. Viele Gäste erzählten uns damals, dass sie dadurch auf das Pilgern aufmerksam geworden sind. Man merkt auch eine Spätwirkung, das Buch wird ja bis heute gelesen. Wir haben zwar keine Statistik zu unseren Pilgern, denn sie bilden nur eine Gästesparte. Aber von der Wahrnehmung her werden es stetig mehr. Im vergangenen Jahr kamen geschätzt 70 bis 80 einzelne Pilger und doppelt so viele Gruppen auf die Huysburg.

Der Anstieg Ihrer Gästezahlen ist wohl aber nicht nur auf Kerkeling zurückzuführen.

Sie steigt auch deshalb, weil es viele Menschen gibt, die andere animieren. Ein katholischer Pfarrer in Blankenburg zum Beispiel lädt regelmäßig zum Samstagspilgern ein.

Wie finden Sie es als Mönch, dass das Pilgern durch jemanden beliebt wird, dem es nicht um die Religion geht?

Ich sehe das positiv. Hape Kerkeling ist eine bekannte Person, er bringt das Pilgern ins Gespräch. Außerdem gefällt mir das persönliche Element in seinem Buch. Es wird deutlich, dass seine Reise nach Santiago de Compostela etwas in ihm bewirkt hat.

Wer sind die Pilger, die auf der Huysburg übernachten?

Diejenigen, zu denen ich Kontakt habe, kommen aus Sachsen-Anhalt und dem weiteren Umfeld. Vom Alter her liegt der Schwerpunkt bei den 40- bis 60-Jährigen. Viele waren zuvor bereits in Santiago. Auffällig ist auch, dass die Leute oft abschnittsweise pilgern – sie sind also nicht mehrere Monate am Stück unterwegs, sondern laufen jedes Jahr eine kleine Etappe und setzen immer dort ein, wo sie zuletzt aufgehört haben.

Wie kommen die Wallfahrer bei Ihnen unter?

Wir haben ein Gästehaus mit Ein- und Zweibettzimmern, die wir zu einem geringeren Satz anbieten. Sie sind ganz normal ausgestattet – allerdings ohne Fernseher und Minibar.

Was erzählen Ihnen die Gäste über ihre Motive?

Ihnen ist es wichtig, raus aus dem Alltag zu kommen. Sie wollen die Natur erleben, zu sich finden und sich inspirieren lassen von den Erfahrungen anderer.

Wie sehr spielt der Glaube eine Rolle?

Die meisten Leute, die bei uns Quartier beziehen, sind religiös. Sie fühlen sich angezogen von der christlichen Prägung des Ortes, da hier eine Mönchsgemeinschaft lebt. Einige machen sich auf den Weg, um ihr Glaubensleben zu intensivieren, anderen wird der religiöse Aspekt erst auf dem Weg wichtig. Es gibt aber auch Leute, die keinen christlichen Bezug haben, sondern eher eine religiöse Spiritualität pflegen.

Was schätzen Sie am Pilgern?

Pilgern ist eine gute Möglichkeit, um sich selbst neu zu begegnen. Im Alltag ist man geprägt von Verpflichtungen und äußeren Reizen. Wenn man zu Fuß unterwegs ist, wird das ausgeblendet. Außerdem hat man keine Chance, sich selbst aus dem Weg zu gehen.

Sie sind sicher auch schon auf dem Jakobsweg gepilgert.

Ich habe in einer Gruppe eine große Wallfahrt nach Santiago gemacht. Unser Gepäck hat ein Bus transportiert, wir selbst sind aber weite Stücke gelaufen. Das war übrigens noch vor Hape Kerkeling: im Jahr 1997.