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Wasserqualität Wie belastet sind Badeseen wirklich?

Laut Europäischer Umweltagentur sind Flüsse und Seen in Sachsen-Anhalt in einem schlechtem Zustand. Stimmt das?

Von Alexander Walter 04.07.2018, 01:01

Magdeburg l Azurblauer Himmel, 24 Grad Wassertemperatur – Hunderte Gäste tummeln sich im Strandbad am Arendsee. Hier, wie fast überall in Sachsen-Anhalt, könnten die Voraussetzungen auch bei der Wasserqualität kaum besser sein: In 90 Prozent der Badegewässer melden die Landesbehörden eine „ausgezeichnete Wasserqualität“. „Alle 69 öffentlichen Badeseen erfüllen die strengen EU-Normen“, freute sich Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) zu Saisonbeginn. Das Fazit der Ministerin: Sachsen-Anhalt sei startklar für den Sommer 2018.

Nun könnte manchem die Lust aufs Baden aber erstmal vergangen sein. Grund: Eine Analyse der Europäischen Umweltagentur (EEA) zum Zustand der Gewässer in Deutschland. Zusammengefasst ist die im europäischen Vergleich eher schlecht. Bei ökologischen und chemischen Kriterien gehört Deutschland gar zu den Schlusslichtern in Europa. Auffällig vor allem die Belastung mit Schadstoffen wie Quecksilber. Alle deutschen Flüsse und Seen wurde unter diesem Gesichtspunkt als schlecht bewertet.

Wie aber passen beide Meldungen zusammen? Werden Skeptiker angesichts trübe schimmernder Gewässer jetzt von der EU bestätigt? Die Antwort lautet: Jein. Sie liegt in unterschiedlichen Untersuchungsvorgaben und damit auch in verschiedenen Messverfahren begründet.

Die EU schaut bei ihren Gewässeruntersuchungen seit einigen Jahren ganz genau hin, sie untersucht dabei alle Gewässer, auch das Grundwasser. Die Leitplanken setzt eine europäische Norm mit dem sperrigen Namen „Wasserrahmenrichtlinie“. Dabei werden Seen und Flüsse gleich auf mehrere Kriterien überprüft: Biologie (Wie gut geht es Fischen und Pflanzen), Chemie (Welche Schadstoffe sind enthalten?), biologische Durchlässigkeit (Versperren Wehre den Fischaufstieg?) sowie Morphologie (also die Naturnähe von Ufern oder Flussbett).

Hier schneidet Sachsen-Anhalt in der Tat schlecht ab. Nur fünf Prozent der Oberflächengewässer bekamen zuletzt einen guten ökologischen Gesamtzustand bescheinigt. Beispiel Elbe und Saale: Auf den Flüssen schwimmen zwar keine Schaumkronen von Industrie-Anlagen mehr. Noch immer lassen sich aber erhöhte Werte von Salzen und Metallen aus dem Bergbau nachweisen. Da Sachsen-Anhalt seit Jahrzehnten belastete Braunkohle verfeuert, werden die strikten EU-Vorgaben auch für Quecksilber verfehlt. „Für Menschen sind die Werte noch nicht gefährlich“, sagt Beatrice Claus vom World Wide Fund for Nature (WWF). Fische etwa nehmen das Schwermetall aber mit der Nahrung auf. Auf diese Weise kann das Nervengift in die Nahrungskette gelangen.

Die Qualität von Badegewässern unterliegt ganz anderen Kriterien. Zuständig sind die Gesundheitsämter der Kreise. Sie beschränken Untersuchungen auf wenige Faktoren, die unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit haben: Wenigstens einmal im Monat wird dazu geprüft, ob Gewässer gefährliche Darmbakterien enthalten. Die Analyse erfolgt beim Landesamt für Verbraucherschutz. Sind die Werte erhöht, ist das ein Hinweis auf Fäkalien. Bei Bestätigung der Messung wird das Gewässer gesperrt.

Daneben sollen die Gesundheitsämter regelmäßig die Optik von Gewässern untersuchen. Die Sichttiefe des Wassers gehört ebenso dazu wie die Sauberkeit des Umfelds. An einzelnen Badeseen prüfen die Behörden zudem regelmäßig einen möglichen Befall durch Blaualgen. Die Bakterien können Giftstoffe bilden, die allergische Reaktionen auslösen können. Am Barleber See bei Magdeburg etwa gibt es regelmäßige Kontrollen. Aktuell herrscht hier eine erhöhte Warnstufe.

Das Fazit des zuständigen Stabstellenleiters Andreas Gramatke beim Landesamt für Verbraucherschutz: Die Meldungen zur Wasserqualität widersprechen sich nicht. In den Badegewässern des Landes könne ohne Bedenken gebadet werden.

Dem Spaß beim Schwimmen und Planschen steht also nichts im Weg. In großen Mengen trinken sollte man See- und Flusswasser aber besser nicht.