Ein Vorfall hat eine Debatte über den Umgang mit Frauen und schwierigen Kollegen ausgelöst Wer sich beschwert, wird gefeuert?
Wie müssen Chefs mit Vorwürfen sexueller Belästigung umgehen? Ein erst jetzt bekannt gewordener Fall aus dem Jahr 2005 in der Staatskanzlei hat heftige Diskussionen darüber ausgelöst. Juristen des Landtags bescheinigten der Regierungszentrale mehrfach rechtswidriges Verhalten. Die Opposition spricht von politischem Versagen.
Was war passiert? Ende 2005 wurde eine Mitarbeiterin zum Personalgespräch gebeten. Es ging um ihre Leistungsbeurteilung. Die fiel wegen kommunikativer Defizite nicht gut aus. Sie erklärte dies auch damit, sexuell belästigt worden zu sein. Ihr Abteilungsleiter gab dies an den Personal-Abteilungsleiter weiter - doch mehr passierte offenkundig nicht. Der Vorhalt wurde als Schutzbehauptung abgetan, um eine bessere Beurteilung zu bekommen. Juristen sehen hier einen schweren Fehler: Dem Vorwurf sexueller Belästigung hätte nachgegangen werden müssen. Denn die Staatskanzlei hatte keinen Beleg dafür, dass er nicht stattgefunden hatte.
Aktiv wurde die Staatskanzlei erst im Mai 2006, als sich die Mitarbeiterin gegen ihre Beurteilung vor Gericht wehrte. Als der Vorwurf sexueller Belästigung ins Verfahren eingebracht und nun öffentlich wurde, kündigte die Staatskanzlei der Mitarbeiterin. Ihre Klage dagegen gewann sie in allen Instanzen, die Richter sahen eine Kündigung als unangemessen an. Dennoch hob das Landesarbeitsgericht auf Antrag der Staatskanzlei das Arbeitsverhältnis 2007 auf, da keine gedeihliche Zusammenarbeit mehr zu erwarten war. Die mit der Belästigung konfrontierten beiden Mitarbeiter (Kussversuche, Tätscheln) wiesen die Vorwürfe zurück.
Bei Abgeordneten verfestigt sich der Eindruck, dass die Staatskanzlei den Vorfall nutzte, eine als schwierig eingeschätzte Mitarbeiterin loszuwerden.
Erfahrene Spitzenbeamte erzählten der Volksstimme, dass es im öffentlichen Dienst eher als anderswo für viele Problemfälle Lösungen gibt: Etwa für Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder auch für Suchtkranke - allerdings seien die meisten Vorgesetzten massiv überfordert, mit Mitarbeitern umzugehen, die offenbar seelisch aus der Balance geraten sind. Da die psychische Belastung steigt, wächst auch das Problem. Ein Beamter: "Mit Kündigungen kann man das jedenfalls nicht lösen."