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Wildschweine Tiere nerven Einwohner in Benzingerode

Wildschweine machen das Leben der Einwohner von Benzingerode schwer. Doch sie einfach erschießen, dürfen sie auch nicht.

Von Dennis Lotzmann 26.01.2018, 00:01

Wernigerode/Benzingerode l Ein sprichwörtlich tierischer Streit bringt Einwohner im Wernigeröder Ortsteil Benzingerode seit Monaten auf die Palme. Mehrfach sind privat und illegal gehaltene Wildschweine ausgebrochen. Der Halter scheint hoffnungslos überfordert, Einwohner sprechen von Terror. Alle warten auf grünes Licht für den Abschuss der Tiere. Allerdings ringen hinter den Kulissen Kreis- und Stadtverwaltung um diese Genehmigung.

Wäre die Sache nicht so ernst, böte das Video, das durch soziale Netzwerke wabert, allen Grund für Erheiterung: Zu sehen ist darauf, wie der Verkehr auf der Hauptdurchgangsstraße von Benzingerode ins Stocken gerät, weil ein Wildschwein auf der Landesstraße 85 einen Ausflug unternimmt und ein Mann ziemlich erfolglos versucht, das Tier einzufangen. Während Autofahrer das Treiben amüsiert kommentieren, sind die Einwohner im Ort einfach nur noch stinksauer. Einige von ihnen haben sich jetzt hilfesuchend an die Volksstimme gewandt. Es müsse, so ihre Forderung, doch möglich sein, dem tierischen Treiben im Wernigeröder Ortsteil endlich ein Ende zu setzen.

Was die Benzingeröder berichten, macht nachdenklich. Mehrfach schon seien die Tiere ausgebüxt, hätten andere Grundstücke umgepflügt und auch fremde Hühner gefressen. Der Besitzer der beiden Schweine – ein etwa 60 Jahre alter Mann – sei mit der Haltung der mittlerweile recht großen Tiere schlicht überfordert. Zumal er nicht nur die beiden Wildschweine besitze, sondern obendrein wohl auch noch ein Hängebauchschwein. „Hier müssen endlich die Behörden handeln. Sie dürfen nicht länger tatenlos zuschauen, wie der Mann und seine Schweine uns hier terrorisieren“, lautet die unmissverständliche Forderung der Einwohner.

Hinter den Kulissen liefern sich die Behörden – konkret die Kreisverwaltung und die Stadtverwaltung Wernigerode – mittlerweile ein mehrwöchiges Tauziehen. Aktueller Stand, bestätigt Landratsamtssprecherin Ingelore Kamann entsprechende Recherchen der Volksstimme, sei, dass die Tiere geschossen werden sollen. „Für die dafür nötige Sondergenehmigung warten wir auf eine Stellungnahme der Stadtverwaltung Wernigerode.“

Im Wernigeröder Rathaus steht Ordnungsamtsleiterin Anja Münzberg dem Schusswaffeneinsatz innerhalb der befriedeten Ortschaft eher kritisch gegenüber: „Die Intention zum Schießen kommt von der Kreisverwaltung. Ich denke, es gibt auch Alternativen – beispielsweise einfangen, betäuben und dann schießen.“ In diesem angeregten „Saufang“ sieht wiederum die Kreisverwaltung in Halberstadt keine Lösung, da der Arbeits- und Personenschutz Vorrang habe, so die Sprecherin.

Was gerade in den Amtsstuben für einigen Wirbel sorgt, ist letztlich schon seit Herbst 2016 bekannt. Nach Recherchen der Volksstimme wurde damals ein Gast auf dem betroffenen Privatgrundstück des Mannes von einem Wildschwein gebissen. Dies mündete nicht nur in eine ärztliche Behandlung, sondern in Informationen in Richtung der Behörden.

Die Kreisverwaltung, erklärt Ingelore Kamann, wisse seit etwa einem Jahr von der genehmigungspflichtigen Schwarzwildhaltung des Mannes. Weil keine Genehmigung vorlag, sei dem Halter die Zucht untersagt worden. Der Besitzer habe die Schlachtung der Tiere bis November 2017 zugesagt. „Da diese nicht erfolgte, wurde der Abschuss der Wildschweine mit dem Besitzer besprochen, welcher zustimmte“, berichtet Ingelore Kamann.

Mittlerweile steht auch ein Jäger aus der Region bereit, der im tierischen Drama den finalen Akt erledigen würde: „Die Tiere zu erlegen, ist kein Problem. Dafür muss aber mein bereits gestellter Antrag genehmigt werden“, so der Mann. Und diese Genehmigung hängt – folgt man der Darstellung der Kreisverwaltung – aktuell nur noch an der offenen Stellungnahme der Wernigeröder Stadtverwaltung.

Wie der betroffene Halter zu dem tierischen Problem steht, bleibt derweil unklar. Versuche der Volksstimme, mit dem Mann ins Gespräch zu kommen, blieben erfolglos. Ein Schild am Grundstückstor macht seine Ablehnung jeglicher Kommunikation unmissverständlich klar. Damit bleibt auch die Frage offen, woher die beiden Wildschweine – ursprünglich soll es sich gar um drei Tiere gehandelt haben – überhaupt stammen.