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Wildtiere Auch gesunde Tiere werden erschossen

Es passiert immer wieder, das Menschen ein junges oder verletztes Wildtier finden. Aber wie verhält man sich in so einer Situation richtig?

Von Aline Wobker 31.05.2020, 11:40

Magdeburg l Die Sonne lacht und die ersten Erdbeeren leuchten rot auf der Wiese. Die Temperaturen liegen mittlerweile über 20 Grad. Bei einem Spaziergang im Mai kann es durchaus passieren, dass plötzlich ein junges Wildtier im Sichtfeld erscheint. Es wirkt hilflos und allein. Doch ist es das wirklich?

„Wahrscheinlich ist es nicht verlassen worden. Wildtiere, wie zum Beispiel Hasenmütter kommen oft nur zwei mal am Tag, um sich um ihre Jungen zu kümmern“, sagt Alexandra Schlögl. Sie war jahrelang Jägerin im Harz und hat in der Vergangenheit einige Wildtiere aufgezogen. Meist tue man einem Jungtier keinen Gefallen, wenn man es bei sich aufnimmt und versucht es großzuziehen, so Schlögl.

Besondere vorsicht ist außerdem bei den sogenannten Invasiven-Arten geboten, also eine Tierart, die eigentlich nicht in unsere Breiten lebt. Denn Waschbär und co. dürfen nach der Pflege nicht wieder ausgewildert werden. Sie müssen danach in Gefangenschaft leben. Doch es komme immer wieder vor, dass privat aufgezogene Waschbären wieder frei gelassen werden und dann "halbzahm" durch Wohnsiedlungen streunen, erzählt die Jägerin. 

Wenn es sich um eine invasive Art, wie zum Beispiel einen kleinen Waschbären handelt, dann kann es passieren, dass ein Jäger das Tier erschießt, wenn er gerufen wird. Selbst wenn das Tier gesund ist, sagt Schlögl. Da sich Waschbären in einigen Bereichen zu einer Bedrohung für die hiesige Vogelwelt entwickeln.

Sollte der Fall eingetreten sein, dass man unterwegs ein Wildtier findet - das entweder verletzt oder wirklich verwaist ist - dann ist es wichtig, dass man sich mit einer authorisierten Station in Verbindung setzt. Diese können bereits Auskunft geben, ob sie Platz für das Tier haben. Doch auch der Jagdpächter sollte über das Tier informiert werden. Denn sollte man ein Tier einfach aus der Natur entnehmen, begeht man sogenannte Wilddieberei.

Und dabei ist es wichtig zu wissen, dass sich die Gesetze in den vergangenen Jahren stark verändert haben. So war Wilddieberei früher "nur" eine Ordnungswidrigkeit. Jetzt handelt es sich um eine Straftat. Und auch Tierärzte dürfen Wildtiere nicht mehr einfach behandeln. Beim Besuch mit einem Wildtier beim Tierarzt müssen Dokumente und Unterlage vorgelegt werden, um die Herkunft des Tieres nachvollziehen zu können. Und, ob der Jagdpächter der Entnahme aus der Wildniss auch zugestimmt hat.

Eine der wenigen Auffangstationen in Sachsen-Anhalt befindet sich im Harz. Hier kümmern sich Daniela Klocke und ihr Mann um verwaiste oder veretzte Tiere. „Es ist sehr wichtig, dass man als erstes eine Auffangstation anruft und fragt ob das Tier aufgenommen werden kann. Erst danach sollte man den zuständigen Jäger kontaktieren. Damit man dem Jäger direkt die Station nennen kann, die das Tier aufnehmen und später auch wieder auswildern kann“, sagt Klocke.

„Auffangstationen werden hier in Sachsen-Anhalt leider recht stiefmütterlich behandelt. Es gibt leider sehr wenige Stellen. Meist ist der nächstgelegene Wildpark der passende Ansprechpartner“, berichtet Klocke. Doch auch die Feuerwehr habe eine extra Einheit, die für Wildtierfang und -rettungs-Aktionen zuständig ist.

Übringens: Das Wildtiere kostenfrei vom Tierarzt behandelt werden, ist ein verbreiteter Irrglaube. Ob das Tier kostenfrei behandelt wird oder nicht, ist letztendlich Ermessenssache des Tierarztes.

Klocke und ihr Mann finanzieren die Station privat und über Spenden. Viele Menschen wissen nicht, dass die Aufzucht eines Wildtieres sehr teuer werden kann. Tierarzt, Futter, Käfige und Wärmelampen sind nur ein Bruchteil der Dinge, die es für eine erfolgreiche Aufzucht braucht. So kann schon das Aufpäppeln eines jungen Feldhasen mehrere hundert Euro kosten. Auch dieser Punkt, sollte bei einer gut gemeinten Rettungsaktionen bedacht werden. Ganz zu schweigen von dem zeitlichen Aufwand. Julia Klocke und ihr Mann kümmern sich neben ihrer Arbeit quasi im Schichtdienst um die Tiere. Es muss immer jemand da sein, da einige Jungtiere alle paar Stunden gefüttert werden müssen.

„Helfen ist gut, aber dann bitte auch richtig“, sagt Klocke. Sie selbst habe Sachkundenachweise und Kurse gemacht, außerdem wurden ihre Gehege von den zuständigen Behörden abgenommen. Insbesondere für den letzten Schritt - die Auswilderung - brauche man eine Menge Erfahrung.