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Winterwetter Und plötzlich geht das Auto aus

Der Winter ist Hochsaison für den ADAC. Bei einer Tour gab es wenige Pannen, dafür wurde die Aufgabe von Fall zu Fall komplizierter.

Von Alexander Walter 18.01.2017, 00:02

Magdeburg l Als der Reporter am Dienstagmorgen in das ADAC-Auto von Frank Huckauf einsteigt, macht er sich auf einen stressigen Vormittag gefasst. Draußen ist es frostig, eiskalter Nebel liegt über der Stadt. Die klirrende Kälte, so die Vermutung, dürfte für etliche Pannen auf den Straßen rund um die Landeshauptstadt sorgen.

Der gemütliche Straßenwacht-Fahrer am Steuer des gelben Sharans schraubt die Erwartungen allerdings herunter. Der Winter sei zwar Hochsaison für den ADAC, sagt er. „Heute ist es aber extrem ruhig.“ An diesem Morgen habe er bisher ganze zwei Pannen abgearbeitet. Und im Moment stünden keine weiteren Aufträge an.

Es bleibt also Zeit für Plaudereien und eine Runde durch die Stadt. So viel Zeit, dass Huckauf es einrichten kann, noch ein paar Fähnchen für sein Auto aus dem Büro zu holen. – Er sei nämlich der einzige Straßenwacht-Fahrer, der noch die gelben ADAC-Flaggen auf seinem Wagen habe, erzählt er. Und seit kurzem gebe es die mit einem länger haltbaren Stoff.

Der Reporter bekommt allmählich Angst, dass der Vormittag ereignislos weitergeht, da ploppt plötzlich das Display auf: Starthilfe für einen Audi A5 in Stadtfeld ist in der Maske vermerkt. „Wir haben Glück“, sagt Huckauf. Es geht los. Das Pannen-Auto steht nur fünf Minuten entfernt.

Angekommen am Einsatzort erwartet den Fahrer mit Martin Wappler bereits ein junger Mann in blau-schwarzem Holzfällerhemd. Er habe den Audi mehrere Nächte stehen gelassen, gesteht er schuldbewusst. Nun sei das Auto wohl „abgeparkt“.

Huckauf nimmt ihm sein schlechtes Gewissen. „Kein Problem“, sagt er. Der Straßenwacht-Fahrer ist jetzt ganz in seinem Element. Als das Auto nach kurzem Aufladen an der Ladestation noch nicht anspringen will, holt er einfach eine zweite Batterie. „Starten Sie noch mal“, ruft er dem Kunden zu. Sekunden später summt der Motor wie ein Bienchen. Die Miene des Kunden hellt sich auf. Auch Huckauf lächelt zufrieden. – Die erste Pannenhilfe mit dem Reporter ist geglückt.

Das Problem des Audi-Fahrers ist ein typischer Fall für die kalte Jahreszeit, erzählt Huckauf. „Meistens springen die Autos nicht an oder Türschlösser frieren ein.“ Allein am Montag habe er in einer Schicht 15 Fälle gehabt.

Auch wenn die Aufträge manchmal überhand nehmen, Stress hat Huckauf nicht. „Ich arbeite einfach eine Panne nach der anderen ab“, erzählt der 51-Jährige. Da habe er dazugelernt. Früher sei er wesentlich hektischer gewesen.

Apropos abarbeiten: Im Display leuchtet jetzt der nächste Auftrag auf. Diesmal ist ein Opel liegen geblieben. Es soll zur Ortsumfahrt von Gommern gehen, 22 Kilometer entfernt. „Ach du Schande ist das weit“, stöhnt Huckauf. Doch Auftrag ist Auftrag. Das Navigationsgerät wird programmiert. Durch dichten Stadtverkehr geht es Richtung Osten.

Als der Wagen eine halbe Stunde später bei Gommern eintrifft, wird er schon sehnsüchtig erwartet. Frank Stiele, Besitzer des Pannenautos, hat im eiskalten Nebel ausgeharrt. „Mein Auto ist einfach ausgegangen“, erzählt er und reibt sich die rotgefrorenen Hände. Noch hat er Hoffnung, dass er weiterfahren kann.

Doch ob die Starthilfe auch diesmal ausreichen wird? Tatsächlich erweist sich der Auftrag als komplizierter als gedacht. Mit der Batteriehilfe kurbelt der alte Omega zwar, er zündet aber nicht. Torsten Huckauf lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Ich hole mal das Auslesegerät“, sagt er. Minuten später steht fest: Der Sensor der Kurbelwelle ist kaputt. Der Opel muss abgeschleppt werden.

Gelegenheit, enttäuscht zu sein, gibt Frank Huckauf seinem Kunden trotzdem nicht. „Wir nehmen Sie am Abschleppseil mit“, sagt er. Frank Stiele ist die Erleichterung anzusehen. Mehr Glück kann man im Unglück kaum haben. Nur wenige Minuten später ist er auf seinem Hof in Heyrothsberge. Sein Zweitwagen zur Weiterfahrt steht schon da.

Auf der Rückfahrt nach Magdeburg leuchtet im ADAC-Wagen zum letzten Mal an diesem Vormittag das Display auf. Diesmal ist in Biederitz ein Passat liegen geblieben.

Vor Ort erwartet Frank Huckauf nicht nur ein ausgesprochener Autoliebhaber, sondern auch der komplizierteste Fall des Tages. „1,2 Millionen Kilometer ist der schon gefahren“, erzählt Besitzer Bodo Rosenburg, während der ADAC-Mann schon an seinem Wagen tüftelt.

Doch weder an der Batterie noch an den Zündkerzen kann der Straßenwacht-Fahrer die Ursache ausmachen. Huckauf hält kurz inne. Dann aber packt den 51-Jährigen doch der Ehrgeiz. Er hat eine Idee, macht sich im Kofferraum zu schaffen. Nach zehn Minuten hat er eine Klappe aufgeschraubt und einen Stecker gelöst: „Es ist die Benzinpumpe“, verkündet er aus dem Innenraum, nicht ohne Stolz.

Tatsächlich: Nach ein paar Schlägen mit dem Hammer auf das Gerät springt der Wagen an. Allerdings nur kurz, dann erstirbt der Motor wieder. Frank Huckauf hat das Problem zwar erkannt, helfen kann er aber nicht. Auch der alte Passat muss abgeschleppt werden.

Besitzer Rosenburg macht es dem Gelben Engel trotzdem leicht: „Zumindest weiß ich jetzt, wo die Benzinpumpe ist,“ sagt er und lacht. Ein versöhnliches Ende für Frank Huckauf. Solche Begegnungen tun ihm gut. Es seien doch die Menschen, die den Beruf erst schön werden lassen, sagt er hinterher im Auto.

Dann geht es aber wirklich zurück nach Magdeburg. Es ist Mittagszeit. Und als gäbe es einen Pannenhelfer-Gott schweigt das Display wieder.