Volksstimme-Interview mit CDU-Fraktionschef André Schröder zu Ehekredit und Betreuungsgeld "Wir wollen Mehrkindfamilien fördern"
Die CDU will mehr für Familien tun, die zwei, drei oder mehr Kinder möchten. Sie trommelt weiter für ihre Idee eines Ehekredits und schlägt zudem ein Landeserziehungsgeld vor. Volksstimme-Redakteur Jens Schmidt fragte dazu Fraktionschef André Schröder.
Volksstimme: Herr Schröder, Ihre Fraktion möchte gern den DDR-Ehekredit wiederaufleben lassen. Ein zinsloses Darlehen, dessen Schuld sich mit jedem Kind verringert, bis schließlich ab drei Kindern gar nichts mehr zurückzuzahlen ist. Ihr Koalitionspartner SPD reagierte nicht gerade begeistert, da ihm alle Kinder gleich viel wert seien. Ist das Projekt schon wieder beerdigt, noch ehe es zum Laufen kam?
André Schröder: Auch der CDU sind alle Kinder gleich viel wert. Deshalb sind 99 Prozent aller Fördergelder, die es für Kinder gibt, auch nicht ehestandsgebunden. Ob Kindergeld oder Elterngeld - das wird allen Müttern und Vätern ausgezahlt, gleich, ob sie verheiratet sind oder nicht. Und das soll ja auch so bleiben.
"Manche, die uns Antiquiertheit vorwerfen, pflegen selbst antiquierte Feindbilder aus den Ideologieschlachten der 70er Jahre."
Aber wir halten es für angebracht, wenn es darüber hinaus ein Programm gäbe, das nicht das Kind, sondern potenzielle Elternschaft fördert. Es wäre übrigens ein einziges von weit mehr als 150 Familienfördermaßnahmen, die es in Deutschland gibt. Und nur ein Punkt aus unserem Familienförderkonzept. Daher hat uns die Absolutheit mancher Kritiker schon etwas überrascht. Aber sie haben uns nicht mutlos gemacht. Die Kritik ist uns Ansporn, das Programm noch besser zu machen, damit es der SPD schwerfällt, Nein zu sagen. Wir werden einen weiteren Vorstoß unternehmen, mit unserem Koalitionspartner solch ein Darlehen in Sachsen-Anhalt aufzulegen.
Volksstimme: Manche halten es für verwerflich, dass man ein Darlehen "abkindern" kann.
Schröder: Wir halten es nicht für verwerflich, wenn sich junge Leute für eine große Familie entscheiden - und wir ihnen dabei finanziell unter die Arme greifen. Es ist doch absurd anzunehmen, dass man sozusagen mit Kindern Geld verdienen könnte. Mal abgesehen davon, dass die Finanzhilfen dafür nie und nimmer ausreichen, zeugt dies auch von einer befremdlichen Haltung gegenüber Eltern und Kindern. Manche, die uns Antiquiertheit vorwerfen, pflegen selbst antiquierte Feindbilder aus den Ideologieschlachten der 70er Jahre. Es wird doch niemand gezwungen, unser Programm in Anspruch zu nehmen.
Volksstimme: Warum richten Sie sich allein an verheiratete Eltern und nicht auch an Lebenspartnerschaften, obgleich doch etwa 60 Prozent der Kinder heute unehelich geboren werden?
Schröder: Familien sind dort, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern Verantwortung übernehmen. Aber: Nichteheliche Lebenspartnerschaften zwischen Frau und Mann sind nicht amtlich erfasst - das macht es schwierig. Zudem hat die Ehe eine Leitbildfunktion, sie ist die stabilste Form der familiären Gemeinschaft. Die Statistik zeigt, dass viele Eltern einige Zeit nach der Geburt des Kindes heiraten. Vor allem: In Familien mit mehreren Kindern sind die Eltern allermeistens verheiratet. Genau darauf haben wird das Programm ausgerichtet: auf junge Ehepaare, die eine Familie gründen möchten.
Demografen haben nachgewiesen, dass der Rückgang der Mehrkindfamilien und eben nicht nur die steigende Zahl kinderloser Paare die Hauptursache für den starken Geburtenrückgang ist. In Sachsen-Anhalt haben derzeit nur noch sechs Prozent der Familien drei und mehr Kinder. Die Tendenz ist weiter rückläufig. Also: Wir wollen nicht Partnerbeziehungen kreditieren, sondern Mehrkindfamilien fördern, damit deren Anteil möglichst wieder wächst. Und da sich herausgestellt hat, dass die Ehe ganz offensichtlich die stabilste Basis für eine Familie mit mehreren Kindern ist, erscheint es nur folgerichtig, dieses Programm an die Ehe zu binden.
Für Alleinerziehende wäre ein Kredit ohnehin ein falscher Anreiz, für sie benötigen wir andere, nicht zurückzahlbare Hilfen.
Volksstimme: Ein anderer Streitpunkt ist das Betreuungsgeld. Anerkannt hingegen ist das Elterngeld. Wäre es nicht besser, das Betreuungsgeld zu kippen und das Elterngeld von 14 auf etwa 24 Monate zu verlängern? Es gibt nicht wenige Eltern, die ihr Kleinstes etwas länger zu Hause betreuen würden, wenn der finanzielle Einschnitt nicht so stark wäre. Zudem könnte der Staat sich den einen oder anderen Krippenplatz sparen, wenn Mütter oder Väter sich länger daheim um den Nachwuchs kümmerten.
Schröder: Das Betreuungsgeld ist beschlossen, daran wollen wir nicht rütteln. Aber: Wir könnten doch Elterngeld und Betreuungsgeld miteinander ergänzen und daraus so etwas wie ein Landeserziehungsgeld finanzieren. Das sollte bis zu drei Jahren gezahlt werden. Die Eltern können dann frei wählen, ob sie ihre Kinder ein, zwei oder drei Jahre zu Hause betreuen möchten.
Volksstimme: Was würde finanziell dabei herausspringen?
Schröder: Wenn Eltern zum Beispiel zwei Jahre zu Hause blieben, würde das Elterngeld zwar auf zwei Jahre gestreckt, es würde aber mit dem Betreuungsgeld aufgebessert, so dass die Einbußen deutlich geringer wären als derzeit. Um den Aufwand für Eltern zu begrenzen, würden wir dies gern als eine Summe auszahlen. Dazu wäre es wichtig, dass die Länder genügend Handlungsspielraum bekommen. Darauf müssen wir bei der Gesetzgebung zum Betreuungsgeld achten.
Morgen lesen Sie im Interview mit SPD-Landeschefin Katrin Budde, warum sie gegen einen Ehekredit ist und das Geld lieber an anderen Stellen für die Familien einsetzen würde.