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Landtag gibt grünes Licht für eine neue Schulform - wie viele Lehrer künftig unterrichten, bleibt im Dunkeln Zoff um Lehrerstellen und neue Gemeinschaftsschule

Von Jens Schmidt 15.11.2012, 02:13

Magdeburg l Ab dem Schuljahr 2013/14 können in Sachsen-Anhalt Gemeinschaftsschulen gegründet werden. Dort lernen alle Kinder bis zur achten Klasse gemeinsam, ehe sich ihre Bildungswege trennen. Möglich wird dies durch ein neues Schulgesetz, das der Landtag am Donnerstag beschließt. Die Opposition spricht von einem Etikettenschwindel, da die neue Schule kaum etwas Neues biete. Die Regierungsfraktionen CDU und SPD sehen das anders - eine Mehrheit für das neue Gesetz gilt daher als sicher.

Weniger Harmonie herrscht im Regierungslager jedoch beim Thema Lehrerstellen. Die beiden SPD-Minister Stephan Dorgerloh (Kultus) und Jens Bullerjahn (Finanzen) stehen sich seit Wochen konfrontativ gegenüber. Erst bei der Fraktionssitzung am Dienstag war es wieder zu einer Kontroverse gekommen. Dorgerloh fordert jährlich 285 zusätzliche Neueinstellungen. Altersdurchschnitt und Krankenstände sind hoch. Bullerjahn hingegen erwartet von Dorgerloh die Durchsetzung kostendämpfender Vorhaben, wie etwa die Schließung von Kleinstschulen sowie längere Arbeitszeiten für Lehrer. Im Land gibt es 80 öffentliche Zwergschulen mit weniger als 60 Schülern. In weitere 71 Schulen lernen keine 80 Kinder.

Die Opposition verlangt von der Regierung nun mehr Klarheit in der Personalpolitik. Auf Antrag der Linken wird es dazu heute im Plenum zu einer Debatte kommen.

Laut Personalkonzept darf Dorgerloh ab 2013 jährlich 200 neue Lehrer einstellen. Dieser Plan sieht vor, dass die Lehrer-Schüler-Relation von derzeit 1 zu 11 allmählich auf 1 zu 13 steigt und sich so dem westdeutschen Mittel annähert. Dorgerloh aber sieht einen Bedarf von 485 Neu-Lehrern pro Jahr. Summiert bis zum Ende der Legislatur 2016 sind dies 1140 mehr als geplant. Sollte er sich - getragen von starken Gewerkschaften - durchsetzen, hätte dies gravierende Auswirkungen auf die Ministerien.

Setzt sich Schulminister durch, droht Regierungskrach

Soll es zu keinen Mehrkosten kommen, müssten die anderen Ressorts auf 1140 junge Nachwuchsfachleute verzichten. Sie müssten immerhin 84 Prozent ihres Neueinstellungsbudgets ans Kultusministerium abgeben, rechnete das Finanzministerium vor. Das dürfte zum offenen Krach führen: Umweltminister Hermann Onko Aeikens (CDU) benötigt junge Fachkräfte ebenso wie Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) junge Polizisten braucht.

Auch in der Koalition regt sich Unmut. CDU-Bildungspolitiker Hardy Güssau: "Das ist unglaublich, was da abläuft." CDU-Finanzer Kay Barthel: "Das ist doch irrwitzig. Wir haben 30 Prozent mehr Lehrerpersonal als die anderen Länder und dennoch Mangel." SPD-Fraktionschefin Katrin Budde hat Dorgerloh etwas Hausarbeit aufgegeben. Er soll detailliert darlegen, an welchen Schulen und in welchen Regionen sich der Mehrbedarf ergibt. Abgabe: Zur Fraktionssitzung in zwei Wochen.