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Zoff im Harz „Bürgerfrühstück“ ohne die AfD

Thomas Balcerowski, CDU-Bürgermeister von Thale, zeigt Rechtspopulisten die kalte Schulter.

Von Michael Bock 10.06.2017, 01:01

Thale l Seit Jahren gibt es im Harzstädtchen Thale das „Bürgerfrühstück“: Vereine oder Verbände mieten vor dem Rathaus einen Tisch. In lockerer Atmosphäre wird über dies und das geplaudert. Diesmal aber ist die Stimmung aufgeheizt. Denn: Mario Lehmann, Vize-Kreischef der AfD, will am „Bürgerfrühstück“ teilnehmen.

Doch Thomas Balcerowski (CDU), Vorsitzender der Bürgerstiftung und Bürgermeister in Thale, hat ihn zur unerwünschten Person erklärt. Klare Ansage: Lehmann darf nicht kommen. Der AfD-Mann, ein früherer Kriminalhauptkommissar, schäumt. „Ein CDU-Bürgermeister, der sich aufführt wie zu schlimmsten DDR-Zeiten, ist eine Zumutung für Thale.“ Er grenze missliebige politische Gegner aus und stelle sie kalt. Ein derart undemokratisches Verhalten, erregt sich Lehmann, „ist eine Schande für jeden Politiker“.

Lehmann ist glühender Anhänger von AfD-Chef An­dré Poggenburg und dessen Strippenzieher im Harz. Der 47-Jährige ist auch Landtagsabgeordneter und dort vor einiger Zeit auffällig geworden. In einer Rede zum Staatsangehörigkeitsrecht und zum Wahlrecht für Ausländer sagte er Sätze wie: „Es wäre Verrat an unserem deutschen Volk, das Wahl– und Staatsbürgerrecht an jeden hereingeholten Antänzer und jede Ficki-Ficki-Fachkraft zu verschenken.“ Die „Altparteien“ würden versuchen, mit „neuen Importwählern“ ihr Überleben zu sichern.

Balcerowski sagt: „Die AfD schürt Konflikte und Unfrieden in Deutschland. Dem treten wir entschieden entgegen, indem wir ihr kein Podium bieten.“ Er wolle sich nicht „zum Erfüllungsgehilfen von Herrn Lehmann“ machen. Die Situation heute erinnere ihn an das Jahr 1933. „Hätten damals mehr Leute den Mut gehabt, sich gegen die Nazis zu stellen, wäre Deutschland unsägliches Leid erspart geblieben.“ Und: „Ich habe drei kleine Kinder. Ich möchte ihnen nicht irgendwann sagen müssen, ich hätte mich nicht getraut, den Anfängen zu wehren.“

Seine Großmutter sei nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schlesien vertrieben worden. „Sie war ein Flüchtling“, sagt Balcerowski. „Und sie hat erlebt, was jetzt andere Menschen erleben müssen – Beschimpfungen, Anfeindungen.“ Balcerowski sagt: „Die Geschichte meiner Familie lehrt mich, Gesicht zu zeigen.“