Neue Fragestunde im Landtag mit eingeschränkter Spontanität Zum Glück noch ohne Noten
Der Landtag hat gestern ein neues Instrument ausprobiert, um Parlamentssitzungen interessanter zu machen: die Spontan- befragung der Minister.
Magdeburg l Gleich die erste "Spontanfrage" ging daneben. Der CDU-Abgeordnete Ralf Wunschinski wollte von der Regierung wissen, ob weibliche Strafgefangene tatsächlich künftig nach Brandenburg in den Knast umziehen sollen. Seine zuvor schriftlich eingereichte Frage erreichte indes nicht die passende Adresse. Justizministerin Angela Kolb hatte sich entschuldigen lassen und die Antwort an Vize-Regierungschef Jens Bullerjahn (beide SPD) weitergereicht.
Der meinte ebenfalls entschuldigend: "Ich kann leider nicht mit Spontanität aufwarten"; und begann, vom Blatt abzulesen. Weit kam er nicht, ehe ihn Landtagspräsident Detlef Gürth unterbrach und darauf hinwies, dass das genau das sei, was man nicht wolle. Mit einem Anflug von Resignation entgegnete Bullerjahn: "Na, dann kann ich den Zettel nur abgeben. So ganz spontan." Immerhin bekam Bullerjahn noch zwei, drei Fragen serviert, bei denen er mit Fachwissen glänzen konnte; etwa als es um die Brüsseler Strukturfonds ging.
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) überraschte mit einem Angebot zum Schulterschluss an die Linke. Es sei wegen der "Abwehrreflexe" in der Beamtenschaft sehr schwierig, alle Ministerien zu überzeugen, Kompetenzen und Leute an Städte und Gemeinden abzugeben, beklagte sich Stahlknecht und lud den fragenden Linken-Abgeordneten Gerald Grünert ein, "mich zu unterstützen, die anderen Ministerien zu überzeugen". Einen Lacherfolg landete der Innenminister mit seiner Antwort auf eine andere Linken-Frage; zur Zahl von dienstlichen Hubschrauber-Flügen der Regierungsmitglieder. "Also mein Staatssekretär ist noch nicht geflogen. Mit dem Hubschrauber." Und er verblüffte das Parlament, als er von einem per Hubschrauber ermöglichten Treffen "mit dem sowjetischen Botschafter" im letzten Jahr in Halberstadt berichtete.
Parlamentspräsident Detlef Gürth staunte: "Halberstadt hat noch einen sowjetischen Botschafter?"
Ausgerechnet Schulminister Stephan Dorgerloh (SPD) erinnerte dagegen an einen Schüler in mündlicher Leistungskontrolle. Als er gefragt wurde, wie viele Beamte er aus dem Landesverwaltungsamt für sein neues Schulamt bekomme, geriet er ins Schwitzen. "Erst zwei ... dann nochmal 12 ... Ich glaube 14." Auch mit einer klaren Meinungsäußerung tat sich Dorgerloh schwer. Ob er es denn für sinnvoll halte, Schulbummelanten weiter zur Strafe in Arrest zu sperren, wurde er gefragt. "Das ist nicht die Frage des Ministers", stellte Dorgerloh fest und schob kryptisch hinterher: "Für mich stehen pädagogische Handlungen im Vordergrund."
Welche Note wohl ein Lehrer dafür erteilt hätte? Das immerhin blieb den Regierungsmitgliedern gestern erspart.