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Bundesarchiv soll verantwortlich für Stasi-Papiere werden

Es gilt als Errungenschaft der friedlichen Revolution: Das Archiv der Stasi mit vielen Originalunterlagen. Die sollen helfen, aus der Geschichte zu lernen. Jetzt gibt es neue Überlegungen für die Zukunft.

13.03.2019, 20:25

Berlin (dpa) - Knapp 30 Jahre nach dem Mauerfall zeichnet sich das Ende der Stasi-Unterlagen-Behörde ab. Für die Millionen geretteter Stasi-Akten, Filme, Fotos und Tonaufzeichnungen soll künftig das Bundesarchiv verantwortlich sein. "Das Recht auf den Zugang zu den Akten bleibt unverändert", betonte der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, am Mittwoch in Berlin. Er stellte gemeinsam mit dem Chef des Bundesarchivs, Michael Hollmann, das Konzept zur Zukunft der Stasi-Unterlagen vor. Darüber muss nun der Bundestag entscheiden. Das Archiv gilt als Kernstück der Behörde.

Der frühere DDR-Oppositionelle Jahn sagte: "Den Bundesbeauftragten wird es so nicht mehr geben." Mit der Überführung der Akten in das Bundesarchiv sollten Kompetenzen, Technik und Ressourcen gebündelt werden, um die jahrzehntealten Papiere dauerhaft zu sichern und den Diskurs über die gesamtdeutsche Geschichte weiter zu führen. Die Weichen für die Zukunft müssten jetzt gestellt werden. Das Archiv mit den Stasi-Papieren werde unter dem Dach des Bundesarchivs eigenständig sichtbar sein, betonte auch Hollmann.

In Berlin soll laut dem Konzept, das an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble übergeben wurde, in der früheren Stasi-Zentrale ein Kompetenzzentrum mit Werkstätten zur Restaurierung und Digitalisierung der Akten entstehen. Dort sollen künftig auch die überlieferten Unterlagen von DDR-Behörden und der Stiftung Parteien und Massenorganisationen deponiert werden, die das Bundesarchiv bislang an anderen Standorten bündelte. Ein Archivzentrum zur SED-Diktatur solle entstehen.

In den ostdeutschen Bundesländern soll es je einen Archivstandort geben, an dem die Akten fachgerecht aufbewahrt werden können. Dafür seien Neubauten notwendig. Hollmann sprach von mindestens zehn bis zwanzig Millionen Euro Finanzbedarf.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) freue sich sehr, dass der Bundesbeauftragte seinen Argumenten gefolgt sei, erklärte Regierungssprecher Florian Engels am Mittwoch in Potsdam. Auch bei Thüringens Staatskanzlei-Chef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) stießen die Pläne auf Zustimmung. Hoff kritisierte aber: "Dass die Vorlage des Konzepts ohne vorherige Information der Länder erfolgte und versäumt wurde, den betroffenen ostdeutschen Ländern das Konzept zeitgleich zum Bundestag zu übersenden, lässt unnötigerweise notwendiges Feingefühl vermissen."

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erklärte: Mit dem Konzept werde das Erbe der friedlichen Revolution vom Herbst 1989 dauerhaft bewahrt. Bürgerrechtler hatten damals die massenhafte Vernichtung von Stasi-Akten gestoppt und so den Grundstein für die Stasi-Unterlagen-Behörde gelegt. Die Aufarbeitung des SED-Unrechts werde zukunftsfest gemacht. Die Nutzung der Dokumente gerade auch für Stasi-Opfer und deren Angehörige werde sich verbessern, zeigte sich Grütters überzeugt.

Ein ähnliches Papier hatte eine Expertenkommission Ende 2015 erarbeitet. Die Pläne, die eine Stiftung vorsahen, wurden nach heftiger Diskussion aber letztlich nicht weiter verfolgt. Opferverbände hatten eine Abwicklung der Behörde befürchtet. Jahn und Hollmann wurden vom Bundestag beauftragt, eine neue Strategie zu erarbeiten.

Den Opfern der SED-Diktatur gerecht zu werden, bleibe Verpflichtung, betonte Jahn. Das Gesetz zu den Stasi-Unterlagen gelte weiter. Die rechtsstaatliche Nutzung der Dokumente, die in einem Unrechtsstaat angelegt wurden, sei weltweit ein Vorbild. Zur Hinterlassenschaft der DDR-Geheimpolizei gehören allein 111 Kilometer Schriftgut. Zudem gibt es rund 15 000 Säcke mit zerrissenen Papieren, die Stasi-Offiziere nicht mehr ganz vernichten konnten.

Ob, wie im ersten Konzept angedacht, ein Opferbeauftragter bei der Bundesregierung für die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur etabliert wird, blieb offen. "Ich habe eine Amtszeit bis Juni 2021, danach mache ich eine Weltreise", erklärte der 65-Jährige.

In der Stasi-Unterlagen-Behörde mit ihren ostdeutschen Außenstellen arbeiten derzeit rund 1400 Menschen. Der Chef des Bundesarchivs sagte mit Blick auf die Archiv-Leute: "Wir können auf keinen Mitarbeiter verzichten." Die Digitalisierung sei personalintensiv.

Im vergangenen Jahr wurden bei der Stasi-Unterlagen-Behörde rund 45 000 Anträge auf persönliche Akteneinsicht gestellt; das waren rund 3000 Anträge weniger als 2017, wie es im ebenfalls an den Bundestag übergebenen Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten heißt. Seit 1992 wurde rund 3,2 Millionen Mal beantragt, in Unterlagen zu schauen, die die Stasi heimlich über Menschen anlegte.

Stasi-Unterlagen-Behörde

Konzept