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Corona sorgt bei Welterbestätten für finanzielle Defizite

Sie sind Reiseziel für Menschen aus aller Welt - die fünf Unesco-Welterbestätten in Sachsen-Anhalt. 2020 mit zwei Lockdowns hat die Besucherzahlen massiv gedrückt. Finanzielle Einbußen sind die Folge. Wie gehen die Welterbestätten damit um?

15.01.2021, 07:06
Sebastian Willnow
Sebastian Willnow dpa-Zentralbild

Dessau-Roßlau/Wittenberg/Quedlinburg (dpa/sa) - Die fünf Welterbestätten in Sachsen-Anhalt haben im Corona-Jahr 2020 massive finanzielle Verluste eingefahren. Monatelang waren Bauhaus, Luthergedenkstätten, der Naumburger Dom geschlossen. Im Dessau-Wörlitzer Gartenreich konnten Besucher zwar spazieren gehen, die Häuser waren aber lange geschlossen, Gondeln und Fähren waren ebenfalls massiv eingeschränkt. Auch in Quedlinburg als Flächendenkmal, wo die Besucherzahlen nicht so einfach zu zählen sind, gab es Verluste angesichts der zwei Lockdowns. Wie geht es den Welterbestätten, wie hoch sind ihre finanziellen Verluste und wie gehen sie damit um?

Am BAUHAUS DESSAU hat sich die Gesamtbesucherzahl für die historischen Bauten und das Bauhaus Museum Dessau so gut wie halbiert. 2019 waren 286 000 Besucherinnen und Besucher erfasst worden, 2020 nur noch 146 500, wie die Sprecherin der Stiftung Bauhaus, Ute König, auf Anfrage mitteilte. Allerdings war 2019 auch das Bauhaus-Jubiläum gefeiert und das Bauhaus Museum eröffnet worden. In den Jahren zuvor waren immer um die 100 000 Besucher gezählt worden, sagte König. "Wir sind daher trotz allem mit den Besucherzahlen sehr zufrieden."

Durch die kompletten Schließungen von März bis Mai und seit November sowie stark beschränke Gästezahlen hätten sich Mindereinnahmen von rund 200 000 Euro ergeben. In etwa gleicher Höhe seien aber auch Ausgaben reduziert oder Einsparungen erzielt worden. So seien weniger Kosten für Guides, externe Dienstleister und geringere Reinigungskosten angefallen. "In Abstimmung mit dem Stiftungsrat kann die Stiftung daher im Moment auf zusätzliche Mittel oder Hilfen verzichten", erklärte Stiftungssprecherin König weiter.

Die KULTURSTIFTUNG DESSAU-WÖRLITZ hat in fast allen Häusern sowie bei den Gondeln und Fähren einen Besucherrückgang verzeichnet, wie Sprecher Steffen Kaudelka mitteilte. Wegen des Lockdowns im März und April sei man etwa sieben Wochen später in die Saison gestartet als üblich. Konzerte und auch andere Veranstaltungen konnten auch später nicht stattfinden, der Gartenreichsommer lockt üblicherweise viele Besucher. In das Corona-Jahr fiel auch das Jubiläum 20 Jahre Unesco-Welterbe Gartenreich Dessau-Wörlitz. Gut angenommen worden seien der Wörlitzer Park und der Schlosspark Oranienbaum mit zusätzlich geöffneten Attraktionen.

Nicht nur weniger Einnahmen hätten letztlich zu einem Minus von 1,1 Millionen Euro geführt, sondern auch Mehrkosten für das Personal, etwa weil mehr Führungen, Gondel- und Fährfahrten aufgrund kleinerer Gruppen nötig waren. Auch die Ausgaben für Hygieneschutz und Reinigung hätten zu Buche geschlagen. Staatliche Rettung kam: Aus dem Programm Neustart Kultur der Bundesregierung habe die Stiftung eine Unterstützung in Höhe von jeweils 536 000 Euro von Bund und Land, also in der Summe 1,072 Millionen Euro erhalten. "Der finanzielle Verlust ist dadurch annähernd aufgefangen worden", erklärte Kaudelka.

Die LUTHERGEDENKSTÄTTEN IN SACHSEN-ANHALT mit fünf Museen haben im vergangenen Jahr einen Besuchereinbruch um 60 Prozent verzeichnet. Es kamen rund 47 000 Besucher nach etwa 118 000 im Jahr 2019, wie die Stiftung in Wittenberg mitteilte. Die Museen waren 16 Wochen lang geschlossen. Der finanzielle Verlust liege bei rund 400 000 Euro. Eintritte entfielen, ebenso Führungen, Veranstaltungen, Publikationen und Programme. Die Stiftung habe den finanziellen Verlust in erster Linie durch Spenden, die Nichtbesetzung neuer Personalstellen und die Verschiebung von Baumaßnahmen ausgleichen können. Zudem seien Leistungen wie der Depotumzug selbst bewältigt und nicht vergeben worden. Vorerst sind laut der Stiftung keine Hilfen notwendig.

Schon Anfang der Woche hatten die Vereinigten Domstifter berichtet, dass der Lockdown den NAUMBURGER DOM schwer getroffen habe. Der Verlust habe sich für 2020 auf 450 000 bis 500 000 Euro belaufen. Im vergangenen Jahr hätten rund 98 300 Menschen den Naumburger Dom - seit 2018 Unesco-Welterbe - besucht, 2019 waren es noch knapp 148 000 gewesen. Stiftungsdirektor Holger Kunde hatte erklärt: "Wir haben durch die Schließung große Verluste, und im Moment noch die Ungewissheit, wie lange das anhalten wird, dass wir nicht öffnen können" Und: "Wir sind aber in jedem Fall auf staatliche Hilfen angewiesen."

In QUEDLINBURG lässt sich der Rückgang der Besucher schwer zählen. Anders als bei den anderen Welterbestätten ist hier das Altstadtensemble auf die Welterbeliste gesetzt worden. Es ist eines der größten Flächendenkmale. Stadtsprecherin Sabine Bahß sagte, der erste Lockdown im Frühjahr habe im Tourismus, in Gastronomie und Handel für erhebliche Einbußen gesorgt. Über den Sommer seien sehr viele Gäste gekommen. Es lasse sich schließlich aber schwer zählen, wie hoch die Verluste gewesen sind. Auf dem Stiftsberg mit der Stiftskirche St. Servatii und dem Museum in den übrigen Stiftsgebäuden werde derzeit ohnehin gebaut.

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