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Demos von Extremisten sollen leichter verboten werden

Seit Wochen stört ein stadtbekannter Rechtsextremist das Wochenend-Treiben des Marktplatzes in Halle. Vielen in der Stadt sind die Demos ein Dorn im Auge, der Oberbürgermeister fordert ein Verbot. Jetzt schaltet sich die Landesregierung ein.

25.08.2020, 19:42

Magdeburg (dpa/sa) - Seit Monaten sorgen Dauer-Demos eines stadtbekannten Rechtsextremen in Halle für Ärger und Rufe nach Verboten. Jetzt soll eine Gesetzesänderung dem Treiben des Mannes Einhalt gebieten. Sein Haus arbeite an einer Gesetzesänderung, um Kundgebungen von Extremisten leichter verbieten zu können, sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe nicht darum, die Versammlungsfreiheit einzuschränken, sondern Missbrauch zu verhindern, ergänzte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Es müsse deutlich werden, was eine wehrhafte Demokratie sei und könne.

Das Kabinett beschäftigte sich am Dienstag mit den Demos, die der Rechtsextremist Sven Liebich zwei Mal wöchentlich abhält und mit denen er am Samstag das Geschehen auf dem zentralen Marktplatz beeinträchtigt. Zuletzt hatte unter anderem Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) gefordert, die Polizei müsse Liebichs Kundgebungen entsprechend unterbinden.

Der SPD-Innenexperte Rüdiger Erben begrüßte den Gesetzesvorstoß, sieht aber unabhängig davon auch aktuellen Handlungsbedarf: "Auch aus meiner Sicht kann man die Demos nach jetziger Gesetzeslage nicht verbieten, aber man könnte rechtlich mehr machen als man tut".

Liebich ist deutschlandweit bekannt. Der Landesverfassungsschutz bezeichnet den Hallenser als rechtsextremen Provokateur und Verschwörungstheoretiker und widmet ihm regelmäßig Passagen im jährlichen Verfassungsschutzbericht. Seit 2016 ist Liebich führender Kopf und meist auch Anmelder einer sogenannten Montags-Demo. Seit einigen Wochen nimmt er zudem am Wochenende an Demos gegen die Corona-Maßnahmen als Redner teil.

Nach jetziger Gesetzeslage ist ein Verbot von Liebichs Demos trotz dessen Einstufung als Extremist nicht möglich, sagte Stahlknecht. Zwar werde Liebich regelmäßig auch wegen Volksverhetzung, Verleumdung und Beleidigung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft habe alle abgeschlossenen Verfahren bisher jedoch mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Die Vorwürfe, wegen denen sich Liebich derzeit vor Gericht verantworten müsse, beträfen hingegen Äußerungen in den sozialen Medien und hätten keinen direkten Bezug zum Demogeschehen. Damit komme ein Verbot wegen Straftaten bei den Kundgebungen nicht in Frage.

Die Gesetzesänderung soll nun ermöglichen, dass Demonstrationen auch wegen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung untersagt werden können. Ähnliche Regelungen gebe es bereits in anderen Bundesländern, darunter Bayern, sagte Stahlknecht. Ein Verbot wäre dann auch möglich, wenn auf Kundgebungen die Würde Einzelner oder ethische Grundsätze verletzt würden. Eine solche Vorgabe im Versammlungsrecht sei bereits vor 15 Jahren im Land diskutiert, vom damals SPD-geführten Innenministerium aber nicht umgesetzt worden.

Schnelle Abhilfe bringt der Vorstoß nicht: Eine Gesetzesänderung muss sowohl das Kabinett als auch in zweifacher Lesung den Magdeburger Landtag passieren. "Wenn alle bemüht sind, gehe ich davon aus, dass sich die Änderung in wenigen Monaten umsetzen lässt", so Stahlknecht.

Bis dahin sollte Liebichs Treiben stärker beschränkt werden, forderte SPD-Innenexperte Erben: "Liebich bekommt für seine 15 Hanseln regelmäßig den Marktplatz freigeräumt". Die Kundgebungen sollten öfter verlegt werden. "Niemand hat das Recht auf einen ganz bestimmten Platz." Auch stärkere Auflagen für verwendete Symbole wären möglich, so Erben.