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E-Scooter-Praxis in Schulen? Grüne wollen Verkehrserziehung

Für den elektrischen Tretroller braucht es weder einen Helm noch einen Führerschein - doch schon 14-Jährige dürfen damit durch die Stadt brausen. Schulen sollten nicht nur darauf reagieren, sagen die Grünen im Landtag und fordern mehr praktische Verkehrserziehung.

04.08.2019, 09:18

Magdeburg (dpa/sa) - Elektrischer Tretroller mit 14, Moped mit 15, Rad- und Busfahren jederzeit: Die Grünen im Magdeburger Landtag haben für Jugendliche eine verbindlichere Verkehrserziehung an den Schulen gefordert. Gerade auch mit Blick darauf, dass die E-Scooter ohne Fahrprüfung ab 14 Jahren gefahren werden dürften, seien fest an Schulfächer gekoppelte Übungen sinnvoll, sagte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. An den Grundschulen sei die Praxis gut verankert, etwa durch die Fahrradprüfung. "Sorge bereiten uns die 8. und 9. Klassen, wo es in meiner Wahrnehmung kaum praktische Übungen gibt."

Zudem müssten Umgang mit E-Scooter und Moped überhaupt erst einmal als Lehrinhalt definiert werden, forderte sie. "Das müssen wir aufnehmen und modernisieren." Seit wenigen Wochen sind elektrische Tretroller in Deutschland zugelassen. Einen Führerschein braucht man dafür nicht, Benutzer müssen nur mindestens 14 Jahre alt sein. Ein Helm wird empfohlen, ist aber keine Pflicht. Die Gefährte dürfen bis zu 20 Kilometer pro Stunde schnell sein.

Die geltenden Vorgaben aus dem Jahr 2013 würden derzeit überprüft, sagte der Sprecher des Bildungsministeriums, Stefan Thurmann. Hintergrund seien die Entwicklungen bei der Elektromobilität und die Debatten um den Klimaschutz.

Dass es nach der Grundschule an Verbindlichkeit fehle, wies Thurmann hingegen zurück. Verkehrserziehung sei für alle Klassenstufen vorgeschrieben. Es sei vorgesehen, dass in den fünften Klassen 20 Stunden dafür genutzt werden sollten, für Sechst- bis Zehntklässler seien es 10. Die Schulen könnten aus verschiedenen Angeboten wie Praxistagen, Projektwochen, Erkundungen oder Erste-Hilfe-Kursen wählen. Wie genau das umgesetzt werde, lege jede Schule selbst fest.

Das ist den Grünen zu unverbindlich. "Für ältere Schülerinnen und Schüler muss Verkehrserziehung dringend verpflichtend an ein Schulfach gekoppelt werden", sagte Lüddemann. Sicheres Verhalten an Haltestellen, mit Fahrrad oder E-Scooter sei gerade auch für Jugendliche sehr wichtig. "Und die muss ich dort abholen, wo sie sind - an den Schulen", sagte Lüddemann.

Neben der Polizei kooperieren auch zahlreiche andere Institutionen mit den Schulen, um Verkehrssicherheit zu trainieren. Dazu gehört neben dem Verkehrsclub ADAC etwa auch die Landesverkehrswacht.

Letztere hat landesweit 20 Ortsgruppen, in denen sich rund 500 Ehrenamtliche engagieren, wie Landesgeschäftsführer Jens Sondershausen sagte. Nicht nur Schulen können das Angebot nutzen, jedermann kann in den 12 fest aufgebauten Verkehrsgärten im Land sein Verhalten im Straßenverkehr trainieren.

Einige Stationen, etwa in Oranienbaum-Wörlitz, haben den Angaben nach auch schon E-Scooter zum Trainieren im Angebot. Hinzu kommen 13 mobile Anlagen, die dort aufgebaut werden können, wo sie gebraucht werden, so Sondershausen. Von Einzelnen oder Familien werden die Möglichkeiten selten in Anspruch genommen. "Das kann auch daran liegen, dass dieses Angebot nicht so bekannt ist", räumte er ein.

Die Schulen können mit der Landesverkehrswacht zusammenarbeiten, müssen aber nicht, wie Sondershausen betonte. Ein Problem sei, dass die Zahl der örtlichen Verkehrswachten seit Anfang der 1990er Jahre von rund 40 auf 20 gesunken sei. Neben Finanzierungsproblemen sei es auch schwierig, neue Ehrenamtliche zu finden. "Die Zeitfrage ist das Hauptproblem", sagte er. Verkehrserziehung an Vorschulen und Schulen sei meist vormittags, wenn die meisten Menschen arbeiten müssen.

Die Finanzierung wurde vom Land zuletzt verbessert, wie Grünen-Fraktionschefin Lüddemann sagte. Die Mittel für die Landesverkehrswacht wurden im Frühjahr von 550 000 auf 900 000 Euro aufgestockt. Das Plus soll komplett in den Ausbau der Jugendverkehrsschulen fließen, um neue Ausrüstung sowie Aufwandsentschädigungen für das Personal zu bezahlen. "Wir wünschen uns, dass flächendeckend Verkehrsgärten aufgebaut werden, die Schulen dann für Praxis- und Projekttage nutzen können", so Lüddemann.

Ob das zusätzliche Geld dazu führt, dass die Verkehrswacht frühere Ortsgruppen wiederbeleben kann, lässt sich aus Sicht von Geschäftsführer Sondershausen noch nicht sagen. Derzeit sei das Netz etwa im Kreis Salzwedel oder im Harz besonders dünn.