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Gericht: Kein neuer Prozess zu Jallohs Feuertod

Im Januar 2005 starb der Asylbewerber Oury Jalloh nach einem Brand in einer Polizeizelle in Dessau. Bis heute gibt es offene Fragen. Die Justiz schließt jedoch zunächst die Akten.

23.10.2019, 17:45

Naumburg (dpa/sa) - Fast 15 Jahre nach dem Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle hat Sachsen-Anhalts Justiz den Fall abgeschlossen. Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg verwarf den Antrag eines Verwandten Jallohs auf Klageerzwingung als unzulässig, wie es am Mittwoch in einer Mitteilung hieß. Damit ist eine Initiative von Jallohs Familie zu einer weiteren juristischen Aufklärung gescheitert. Die Entscheidung sei unanfechtbar, sagte ein Gerichtssprecher. Wenn neue Beweise auftauchten, könnten aber jederzeit neue Ermittlungen aufgenommen werden.

Jalloh war nach einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle am 7. Januar 2005 mit erheblichen Verbrennungen tot gefunden worden. Ob Jalloh selber damals die Matratze angezündet hat, auf der er gefesselt lag, ist bis heute nicht geklärt. Allerdings verurteilte das Landgericht Magdeburg 2012 einen Beamten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe - er hatte demnach nicht dafür gesorgt, dass Jalloh ausreichend beaufsichtigt wurde. Es schien dem Gericht damals als wahrscheinlich, dass der Brand von Jalloh selbst gelegt worden war.

Die Familie des Mannes aus Sierra Leone geht von Mord aus und versucht seit Jahren, vor Gericht mit weiteren Verfahren die Aufklärung des Falles zu erreichen. Aus Sicht des OLG gelang es ihr in dem aktuellen Antrag nicht, das mögliche Tatgeschehen verständlich und schlüssig darzustellen. Beweismittel seien nicht vollständig mitgeteilt, aus denen sich der aus Sicht des Verwandten formulierte Tatverdacht gegen zwei Personen ergebe.

Der Landtag in Magdeburg hingegen kann nun mit der Prüfung der Ermittlungsakten durch zwei Juristen beginnen. Der Rechtsausschuss hatte Anfang des Jahres beschlossen, dass die externen Experten nach der Gerichtsentscheidung tätig werden sollen.

Das staatliche Handeln im Fall Jalloh müsse umfassend aufgearbeitet werden, teilte Sebastian Striegel mit, innen- und rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. "Das kann nun durch die Berater des Rechtsausschusses geschehen. Sie können helfen, das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen. Sie haben ein robustes Mandat erhalten, haben Zugang zu allem Material und können Gespräche führen."

Die Staatsanwaltschaft Halle hatte die Ermittlungen zum Fall Jalloh im Oktober 2018 beendet, weil sie - auch nach zwei Prozessen vorm Landgericht - keine weitere Aufklärung erwartete. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte bei einer Überprüfung, dass Ermittlungen nicht wieder aufgenommen werden müssten. Es lasse sich nicht belegen, dass Polizeibeamte oder andere Personen den auf einer Matratze gefesselten Jalloh angezündet hätten, hieß es zur Begründung.

Das OLG schloss sich dieser Sicht nun an. Unabhängig davon, dass nach wie vor vieles für eine Selbstentzündung spreche, fehle es für eine Brandlegung von anderer Seite an einem hinreichenden Tatverdacht gegen einen konkreten Beschuldigten. Im Antrag fehlten ausreichend Beweise, so das Gericht. Zudem seien die unterstellten Motive für die Tötung von Jalloh nicht schlüssig.

Der stark betrunkene und unter Drogen stehende Jalloh war in Gewahrsam genommen worden, nachdem er Frauen belästigt haben sollte. Er wehrte sich heftig und wurde an Händen und Füßen auf dem Rücken liegend gefesselt.

Der Fall beschäftigte mehrere Jahre lang verschiedene Gerichte. Weil es auch nach dem jüngsten Urteil aus Sicht der Justiz noch Ungereimtheiten gab, hatte die Staatsanwaltschaft nochmals ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, Gutachter eingeschaltet und einen neuen Brandversuch in Auftrag gegeben. Zudem wechselte zwischenzeitlich die Zuständigkeit für die Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau an die in Halle. Diese stellte das Verfahren schließlich ein. Eine Entscheidung, die nun zunächst Bestand hat.