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Haseloff für "Sachsen-Anhalt-Weg" bei Corona-Lockerungen

Die Zahl der Coronavirus-Infektionen in Sachsen-Anhalt ist deutlich geringer als in den meisten anderen Bundesländern. Regierungschef Haseloff will deshalb bei den Lockerungen vorangehen - und auch die strengen Kontaktbeschränkungen aufweichen.

29.04.2020, 23:01
Hendrik Schmidt
Hendrik Schmidt dpa-Zentralbild

Magdeburg (dpa/sa) - In Sachsen-Anhalt mehren sich die Stimmen, die Lockerungen der strengen Corona-Beschränkungen fordern - und der Ministerpräsident kündigt eine schnelle Umsetzung an. So sollen die strengen Kontaktbeschränkungen gelockert und der Betrieb an Schulen und Kitas wie angekündigt ab kommendem Montag ausgeweitet werden, wie Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) am Donnerstag nach einer Schalte mit seinen Länderkollegen und der Bundesregierung sagte.

"Wir bleiben bei unserem Plan und gehen unseren eigenen Sachsen-Anhalt-Weg", so Haseloff. Der werde sich nicht sehr vom Bundesweg unterscheiden, aber eher starten.

Bei den Beratungen hatten die Spitzenpolitiker ihre Entscheidungen zu einem gemeinsamen Öffnungskonzept für Schulen und Kitas eigentlich auf kommende Woche vertragt. Die Bundesregierung kündigte auch an, dass die Kontaktbeschränkungen bestehen bleiben sollen.

An diesem Samstag kommt das Kabinett in Magdeburg zusammen, um die neue Landesverordnung mit den Corona-Regelungen auf den Weg zu bringen.

Sachsen-Anhalt hat im Bundesländervergleich zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern die wenigsten nachgewiesenen Corona-Fälle. So seien die Infektionen je 100 000 Einwohner in Bayern fünfmal so hoch wie in Sachsen-Anhalt, rechnete Haseloff vor. Das erlaube Sachsen-Anhalt, voranzugehen und Lockerungen zu erproben. Andere Länder müssten hingegen daran arbeiten, ihre Infektionszahlen zu senken und könnten Lockerungen erst später vornehmen.

Haseloff will sich eng mit seinen Amtskollegen in Sachsen und Thüringen, Michael Kretschmer (CDU) und Bodo Ramelow (Linke) abstimmen, damit sich die Regelungen in den drei eng miteinander verbundenen Ländern nicht zu sehr unterscheiden. Beide Länder verzeichnen auch vergleichsweise niedrige Fallzahlen.

So vereinbarten Haseloff und Kretschmer bereits vergangenes Wochenende weitere Lockerungen im Kulturbetrieb und für die Wirtschaft: Von Montag an dürfen Friseure, Kosmetiksalons, Museen, Bibliotheken und Archive wieder öffnen. Zudem sollen Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen unter bestimmten Auflagen wieder zugelassen werden.

Jetzt kündigte Haseloff zudem an, dass Sachsen-Anhalt Spielplätze unter Auflagen wieder öffnen werde. Zudem soll die Regel fallen, dass Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern geschlossen bleiben müssen. Die genauen Regelungen werden am Samstagvormittag von der schwarz-rot-grünen Landesregierung beschlossen.

Dann soll auch feststehen, in welchem Umfang die Kontaktsperren gelockert werden. Bisher dürfen die Sachsen-Anhalter nur mit einem Menschen unterwegs sein, der nicht mit ihnen unter einem Dach lebt. Das Verlassen der Wohnung ist nur aus triftigen Gründen erlaubt.

Zudem hält Sachsen-Anhalt laut Haseloff an seinem Plan fest, den Schulbetrieb hochzufahren und schon bis Mitte Mai alle Schülerinnen und Schüler für mindestens einen Tag in die Klassenzimmer zurückzuholen. Auch der Kreis, der Familien, die Anspruch auf einen Kitaplatz haben, wird ausgeweitet. Beim Bund-Länder-Treffen hatten die Spitzenpolitiker ihre Abstimmung über Konzepte zur Öffnung von Schulen und Kitas auf nächste Woche Mittwoch vertagt.

Seit Ausbruch der Pandemie bis zum Freitagmittag wurden in Sachsen-Anhalt 1572 Menschen positiv auf den Erreger Sars-CoV-2 getestet, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Das waren 7 mehr als am Vortag. 44 Menschen starben, nachdem sie positiv auf Corona getestet worden waren. Fast drei Viertel aller bekannten Infizierten gelten als genesen. Bundesweit sind laut Robert Koch-Institut mehr als 160 000 Infektionen und 6135 Tote bekannt.

Angesichts des derzeit moderaten Verlaufs dringt auch der Oberbürgermeister von Halle, der Stadt mit den meisten Corona-Fällen, auf schnelle Lockerungen. In Halle gelten von den 328 nachweislich Infizierten nach Angaben von Stadtchef Bernd Wiegand (parteilos) noch 75 als aktuell erkrankt. Die strengen Infektionsschutzregeln seien angesichts der geringen Zahlen schwer zu vermitteln. "Die Anpassung geht nicht schnell und nicht zügig genug", sagte Wiegand.

Auch die CDU im Landtag will schnelle Lockerungen. Unter anderem sollen alle Unternehmer ihr Geschäft wieder aufnehmen dürfen, unabhängig von Branche und Verkaufsfläche. Es müsse stattdessen ein Schlüssel von Kunde je Quadratmeter gelten, argumentierte CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt (CDU). Das schließe ausdrücklich Gastronomie und Hotellerie mit ein. Über Konzepte für einen Betrieb von Gaststätten, Ferienwohnungen und Hotels wollen Bund und Länder kommende Woche entscheiden.

In Sachsen-Anhalt wurde das öffentliche Leben seit Mitte März heruntergefahren, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Das schlägt sich auf den Arbeitsmarkt nieder: Im April war laut Landesarbeitsagentur fast jeder vierte Beschäftigte von Kurzarbeit betroffen. Obwohl dieses Instrument Jobs sichert, stieg auch die Arbeitslosenquote um 0,7 Punkte auf 7,8 Prozent.

Landesamt für Verbraucherschutz Sachsen-Anhalt zu Corona-Zahlen