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Innenminister als Zeuge im U-Ausschuss zur Wahlaffäre

Wie konnte es einem damaligen CDU-Stadtrat gelingen, die Briefwahl bei der Stendaler Wahl zu manipulieren - und wie lassen sich Fälschungen verhindern? Das beschäftigt einen Untersuchungsausschuss. Jetzt war der Innenminister als Zeuge geladen.

08.01.2020, 14:08

Magdeburg (dpa/sa) - Die aufgedeckten Manipulationen bei den Kommunalwahlen in Stendal sind fast sechs Jahre her, doch die Aufarbeitung ist weiterhin im vollen Gange. Am Mittwoch hat Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) im Magdeburger Landtag zu seinen Erinnerungen zu Fälschungen bei der Stendaler Kommunalwahl ausgesagt. Er war am Mittwoch als Zeuge im Untersuchungsausschuss geladen, der die Vorgänge aufarbeitet. Er habe zu keiner Zeit in die Ermittlungen der Polizei wegen Wahlfälschung eingegriffen. An viele Details konnte er sich nach eigener Aussage nicht erinnern.

So konfrontierte ihn die Linken-Abgeordnete Henriette Quade damit, dass drei Polizeibeamte im U-Ausschuss ausgesagt hätten, dass das Innenministerium oder Stahlknecht persönlich einst angewiesen habe, die Ermittlungen zum Wahlskandal vom Revier in Stendal an die größere Polizeidirektion in Magdeburg abzugeben. Einer von mehreren Gründen soll gewesen sein, dass ein ermittelnder Polizeibeamter selbst CDU-Mitglied war und ein Interessenskonflikt vermieden werden sollte.

Stahlknecht sagte, er habe die Verlagerungen der Ermittlungen nicht angewiesen. Allerdings habe er die Idee mit dem damaligen Polizeipräsidenten erörtert und für gut befunden. Es habe zuvor Durchsuchungen gegeben und es sei üblich, komplexe Verfahren an größere Behörden abzugeben, sagte Stahlknecht. Ob dieses Gespräch vor der Entscheidung zur Verlagerung gewesen sei, konnte Stahlknecht nach eigener Aussage nicht sagen. Er könne nur vermuten, dass der Polizeipräsident ein solches Gespräch als Aufforderung verstanden haben könnte, die Magdeburger mit dem Fall zu betrauen.

Der U-Ausschuss arbeitet seit einigen Jahren Manipulationen der Kommunalwahl in Stendal 2014 auf. Ein Ex-CDU-Stadtrat war zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte zugegeben, Briefwahlvollmachten gefälscht und fremde Wahlunterlagen selbst ausgefüllt zu haben. Der U-Ausschuss will den Fall aufarbeiten und Wege finden, um Fälschungen künftig zu erschweren.

Zudem gehe es weiterhin darum, herauszufinden, ob es in Stendal Hintermänner und Mitwisser gegeben habe, sagte Ausschusschef Matthias Lieschke (AfD). Ob das gelinge, sei unklar. So musste etwa der CDU-Abgeordnete und Stendaler CDU-Stadtchef Hardy Peter Güssau vor mehr als drei Jahren als Landtagspräsident zurücktreten, weil er den Verdacht nicht ausräumen konnte, frühzeitig von den Fälschungen gewusst zu haben. Er bestritt das stets, auch als Zeuge im U-Ausschuss.

Güssau habe mehrfach mit der CDU-Fraktion im Landtag und damit auch mit ihm über die Wahlfälschungen gesprochen, sagte Stahlknecht im U-Ausschuss. Dabei sei es aber darum gegangen, dass Güssau die Vorwürfe zurückweise. Informationen zum Ermittlungsverfahren seien nach seiner Erinnerung nicht ausgetauscht worden, so Stahlknecht. Auch an einen Bericht zum Ermittlungsstand für das Ministerium, von dem ein Polizist als Zeuge im U-Ausschuss berichtet hatte, erinnerte Stahlknecht sich nicht.

Laut Lieschke sind noch drei Sitzungen mit Zeugenbefragungen angesetzt. Dann will der Ausschuss einen Bericht schreiben und seine Arbeit beenden.