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Johnson-Literaturtage blicken auf Ost-West-Verhältnis

Autor Uwe Johnson gilt als besonders aufmerksamer Beobachter der Deutschen in Ost und West. Sein Credo war es, die "andere Seite mit ihren eigenen Augen zu sehen". Das kommt 30 Jahre nach der Einheit immer noch zu kurz, meinen Veranstalter der Johnson-Literaturtage.

22.09.2020, 13:23

Neubrandenburg/Güstrow (dpa) - Unter dem Motto "Besondere Mischungsverhältnisse?" werfen die Uwe-Johnson-Literaturtage ab Donnerstag einen Blick auf 30 Jahre deutsche Einheit. "Wir wollen versuchen, "die andere Seite mit ihren eigenen Augen zu sehen", wie es Johnson getan hätte", sagte der Vorsitzende der Mecklenburgischen Literaturgesellschaft (MLG), Carsten Gansel, mit Blick auf Ost- und Westdeutschland am Dienstag. Die Wirklichkeit in Ostdeutschland sei deutlich komplexer, als dies in politischen und medialen Darstellungen zu finden sei. "Uwe Johnson und die Deutschen in Ost und West vor und nach 1989" heißt der Untertitel der Literaturtage, die bis Ende Oktober in Güstrow, Berlin und Neubrandenburg stattfinden.

Erwartet werden Autoren wie Kathrin Gerlof, Tom Müller, Kenah Cusanit und Birk Meinhardt. Die 1962 geborene Gerlof gelte als aufmerksame Beobachterin des Zeitgeschehens und liest aus "Nenn mich November". Der inzwischen als Verleger tätige Müller, der 1982 geboren ist, werde zur Eröffnung zu seinem Debütroman "Die jüngsten Tage" sprechen. Dieser sei für den "aspekte"-Literaturpreis nominiert.

Vorgestellt wird auch der Roman "Wir selbst", den der wolgadeutsche Autor Gerhard Sawatzky (1901-1944) 1938 geschrieben hatte. Das Buch war von der Sowjetunion vernichtet und der Autor ums Leben gebracht worden, aber das versteckte Urmanuskript hatte der Literaturwissenschaftler Gansel in Russland aufgespürt und neu aufgelegt. Als Buchpremiere steht "Beichte. Ein Lebensbericht" aus dem Nachlass des Autors Werner Lindemann (1926-1993) am 14. Oktober in Neubrandenburg im Programm.

Ein Höhepunkt soll am 9. Oktober die Übergabe des mit 20 000 Euro dotierten Johnson-Literaturpreises an Irina Liebmann ("Die Große Hamburger Straße") in Berlin sein. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben und würdigt deutschsprachige Autoren, in deren Werken sich Anknüpfungspunkte zur Poetik des Schriftstellers Uwe Johnson (1934-1984) finden, dessen bekanntestes Werk "Jahrestage" waren.

Der Preis wird von der MLG, dem Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg und einer Berliner Steuer- und Anwaltskanzlei getragen. Zuletzt waren unter anderem Schriftsteller wie Ralf Rothmann, Lutz Seiler, Christoph Hein und Christa Wolf (1929-2011) mit ihm geehrt worden.

In Güstrow und Neubrandenburg sind zu den Veranstaltungen wegen der Coronalage immer maximal 25 Gäste zugelassen.

Roman Sawatzky