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Landtag debattiert neuen Haushalt: Kritik vom Finanzminister

Bei Haushaltsdebatten sind die Rollen eigentlich klar verteilt: Die Regierungsseite unterstreicht, für welche tollen Projekte das Land Geld ausgibt, die Opposition findet kritische Punkte - doch beim nächsten Haushalt für Sachsen-Anhalt haben alle etwas zu meckern.

17.12.2019, 18:06

Magdeburg (dpa/sa) - Im Landtag wurden erstmals die Ausgabenpläne Sachsen-Anhalts für die nächsten zwei Jahre diskutiert - und alle Redner sind mit dem Haushaltsentwurf kritisch ins Gericht gegangen. Selbst Finanzminister Michael Richter (CDU) verwies am Dienstag bei der Einbringung seines Entwurfs darauf, dass die schwarz-rot-grünen Ausgabenwünsche mit vielen Risiken in den kommenden Jahren verbunden seien. Um die Ausgabenwünsche auszugleichen, seien vor allem für das Jahr 2021 "gravierende Rücklagenentnahmen" nötig, sagte Richter. Fast 600 Millionen Euro sollen aus den Finanzpolstern kommen.

Einmal aufgebrauchte Rücklagen stünden in Zukunft nicht mehr zur Verfügung. Die nächste Landesregierung werde vor der Herausforderung stehen, die Ausgabenwünsche wieder mit den finanziellen Möglichkeiten des Landes in Einklang zu bringen.

Der Etat für die Jahre 2020 und 2021 ist der letzte Haushalt vor der nächsten Landtagswahl in eineinhalb Jahren. Geplant ist derzeit, dass die Ausgaben im Vergleich zu 2019 noch einmal deutlich steigen. Statt 11,5 Milliarden sollen nächstes Jahr 11,9 Milliarden und 2021 sogar 12,4 Milliarden Euro ausgegeben werden. Dafür soll trotz weiter steigender Steuereinnahmen ein Großteil der Rücklagen für schlechte Zeiten aufgebraucht werden. Eine vorgesehene Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 1,5 Punkte auf 6,5 Prozent ist derzeit nicht mehr geplant.

Mit dem Rekordhaushalt will Sachsen-Anhalt weiter die Personaldecke aufstocken. Allein die Personalkosten machen schon ein Drittel des gesamten Landeshaushalts aus. Die Zahl aller Vollzeitstellen soll um weitere 350 auf 43 840 steigen. Wenn alle Stellen besetzt werden können, erreicht die Koalition unter anderem ihr Ziel, 6400 Polizistinnen und Polizisten zu beschäftigen. Die Kommunen sollen neben dem Festbetrag von 1,628 Milliarden Euro zusätzlich auch eine Investitionspauschale von 80 Millionen Euro pro Jahr bekommen, die sie für Investitionen ausgeben können, die sie wichtig finden.

Zudem sollen etwa Millionenhilfen für käfergeplagte Waldbesitzer, für die Kohle-Regionen oder für die Kinderbetreuung mit Landesmitteln ergänzt werden. Doch die Landtagsabgeordneten haben Wünsche, die sich im Entwurf der Regierung noch nicht wiederfinden.

Das kritisierte unter anderem der SPD-Finanzexperte Andreas Schmidt: Es gebe entscheidende Leerstellen. Als Beispiel nannte Schmidt die seit Jahren diskutierte Einführung eines Azubitickets, das neben der SPD unter anderem auch Vertreter von Gewerkschaften und Wirtschaftskammern immer wieder vehement fordern. Die Landesregierung einigte sich bisher nur darauf, die Fahrtkosten für alle Azubis zu ihren Berufsschulen zu finanzieren, nicht aber auf prinzipiell verbilligte Tickets für Lehrlinge.

Kritik gab es auch an der geplanten Abschaffung der umstrittenen Straßenausbaubeiträge. Es gelte, nicht nur die Bürger von den Beiträgen zu befreien, sondern auch die Kommunen zu entlasten, sagte der CDU-Finanzpolitiker Daniel Szarata. Das müsse durch Umschichtungen und Einsparungen gelingen. Szarata kritisierte, dass die Rücklagen für schlechte Zeiten fast komplett geplündert werden sollen.

Das sieht auch der AfD-Abgeordnete Robert Farle kritisch. "Vor dem Hintergrund, dass wir uns am Ende eines langen Aufschwungs befinden, fällt der Kenia-Koalition nichts anderes ein, als die Sparstrümpfe zu plündern." Das sei unverantwortlich. Der Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann forderte mit Blick auf den Investitionsstau bei Krankenhäusern, Straßen und Infrastruktur, die Schuldenbremse infrage zu stellen und neue Kredite aufzunehmen. Es gelte, die Defizite abzubauen und nicht immer weiter in die Zukunft zu verschieben, sagte er. "Die Schuldenbremse ist liberaler Schwachsinn."

Die Schuldenbremse ist im Grundgesetz verankert und verbietet den Ländern ab kommendem Jahr eigentlich, neue Schulden zu machen. Finanzminister Richter schlug vor, dieses Verbot mit einer landeseigenen Regelung abzuschwächen. Er schlug vor, dass das Land bei wirtschaftlichem Abschwung und sinkenden Steuereinnahmen Kredite aufnehmen dürfen soll. Im Gegenzug müssten in Jahren des Aufschwungs Schulden getilgt und Rücklagen aufgebaut werden.