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Linke wollen sich wieder mehr um den Osten kümmern

Seit 2007 sind Die Linken eine gesamtdeutsche Partei. Dennoch sollen ostdeutsche Besonderheiten und Befindlichkeiten nicht aus dem Auge verloren werden - auch im Wahljahr 2017 nicht. Ganz im Gegenteil.

03.04.2017, 07:21

Dresden (dpa) - Die Linken wollen sich nach Angaben ihres sächsischen Parteichefs Rico Gebhardt wieder stärker um ostdeutsche Belange kümmern. Der 53 Jahre alte Politiker reagierte damit auch auf Umfragen, wonach ein beträchtlicher Teil der jüngeren Generation im Osten 26 Jahre nach der deutschen Einheit noch immer Benachteiligung fühlt - im Lohngefüge genauso wie bei Renten, Vermögen und Eigentum. "Selbst diejenigen, die zur Wende noch gar nicht auf der Welt waren, empfinden Ungerechtigkeiten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Dresden.

Gebhardt, der den größten Landesverband der Linken führt und zugleich Fraktionschef seiner Partei im sächsischen Landtag ist, verweist auf die Umfrage "Sachsen-Monitor" vom Herbst 2016. Dort hatten 26 Prozent der 18- bis 29-Jährigen als Folge der Wiedervereinigung Nachteile für den Osten geltend gemacht - mehr noch als die Altersgruppe der Rentner. "Wir müssen uns die Frage stellen, warum eine Generation, die erst später geboren wurde, sich gegenüber Westdeutschen benachteiligt fühlt", sagte Gebhardt. Dieses Gefühl lasse sich nicht allein aus Erfahrungen in der eigenen Familie erklären.

Der Linke-Chef erinnerte an den unterschiedlichen Umgang mit Biografien in Ost und West. Noch heute würden Leute wie der frühere Berliner Staatssekretär Andrej Holm wegen des Umgangs mit ihren Fragebögen gekündigt, die dem ostdeutschen Leben vor und nach der Wende nicht annähernd gerecht würden: "Man sollte Menschen danach beurteilen, was sie in der neuen Gesellschaft geleistet haben." 1990 habe man gut 50 Berufs- und Funktionsgruppen wegen angeblicher DDR-Nähe von einer künftigen Tätigkeit im öffentlichen Dienst ausgeschlossen - darunter Leiter von Kulturhäusern und Amtsärzte.

Nach Meinung von Gebhardt hat die Vernachlässigung von Ost-Themen bei den Linken auch damit zu tun, dass sie nach ihrem Einzug in den Bundestag vor allem als gesamtdeutsche Partei wahrgenommen werden wollten: "Wir wollten keine Jammer-Ossis sein, sondern im Konzert der großen Bundesparteien mitspielen." Aus diesem Grund habe man soziokulturelle und soziökonomische Unterschiede zwischen Ost und West zurückgestellt. "Sie sind aber bis heute vorhanden und werden selbst in der unterschiedlichen Rehabilitierung von Heimkindern deutlich", sagte er mit Blick auf einen aktuellen Konflikt.

Gebhardt zufolge werden Die Linken den Bundestagswahlkampf im Osten und Westen zwar mit gleichen Inhalten führen, aber durchaus auch auf spezifische Besonderheiten in den ostdeutschen Ländern eingehen: "Auf alle Fälle thematisieren wir die fehlende Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Die Rentenangleichung soll nicht erst 2025, sondern schon 2018 erfolgen." Mit Blick auf die Langzeitarbeitlosen verlange seine Partei einen öffentlichen Beschäftigungssektor, für den sich unlängst auch der scheidende Präsident der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, ausgesprochen habe.

Eine öffentliche Beschäftigung wäre auch eine gute Lösung, um Flüchtlinge in Arbeit zu bringen und sie nicht zum Nichtstun zu verdammen. "Außerdem treten wir dafür an, dass künftig staatliche Gelder nicht nur für die Ansiedlung von Konzernen gezahlt werden, sondern auch in Mitarbeiterbeteiligungen fließen. Die Leute, die bei Bombardier arbeiten, wissen doch am besten, wie sie ihre Firma wieder auf Vordermann bringen können", sagte Gebhardt.