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Lotto-Chefs nach monatelangen Debatten abberufen

Monatelang setzen mehrere Spieler in einem Lotto-Laden in Zerbst ungewöhnlich hohe Einsätze und fahren hohe Gewinne ein - doch das weiß lange kaum jemand. Jetzt steht fest: Die Causa kostet die beiden Lotto-Chefs ihre Jobs.

17.09.2020, 16:27

Magdeburg (dpa/sa) - Nach vielen Gremien, Prüfungen und einem Untersuchungsausschuss ist für die Lotto-Chefs in Sachsen-Anhalt endgültig Schluss. Der Aufsichtsrat beschloss in einer Sitzung am Donnerstag, die Geschäftsführer Maren Sieb und Ralf von Einem mit sofortiger Wirkung abzuberufen. Das sagte Aufsichtsratschef und Verkehrsminister Thomas Webel (CDU) im Anschluss in Magdeburg. Es gebe mehrere Verfehlungen. Ausschlaggebend sei letztlich gewesen, dass die Lotto-Chefs ihre Aufsichtsgremien nicht über ungewöhnlich hohe Spieleinsätze in einem Lottoladen in Zerbst informiert hätten.

Ein Quartett konnte hohe Gewinne einfahren, weil unter anderem das Spiellimit mit Genehmigung von Landes-Lotto erhöht wurde. Die Geschäftsführung informierte zwar die Geldwäschestelle, nicht jedoch die zuständigen Behörden und Gremien in Sachsen-Anhalt, etwa die Aufsicht im Innenministerium, den Aufsichtsrat und das Finanzministerium als Gesellschafter.

Diese Vorgänge sorgen schon seit Längerem für Diskussionen in Sachsen-Anhalt. Seit Juli sind beide Lotto-Chefs bereits freigestellt. Derzeit führt der der Beteiligungs-Manager des Finanzministeriums, Marko Ehlebe, vorübergehend die Lotto-Geschäfte. So schnell wie möglich soll ein regulärer Nachfolger gefunden werden, hieß es. Ein Personaldienstleister solle mit der Suche nach geeigneten Kandidaten beauftragt werden, sagte Aufsichtsratschef Webel. Am Ende solle eine Kommission entscheiden.

Im Magdeburger Landtag arbeitet ein Untersuchungsausschuss seit Längerem mögliche Verfehlungen bei Lotto Sachsen-Anhalt auf. Die oppositionelle AfD hatte ihn unter anderem deshalb beantragt, weil sie Vetternwirtschaft bei der Jobvergabe vermutete.

Auch der Landesrechnungshof, die Glücksspielaufsicht und eine Unternehmensberater von KPMG prüften Akten, Bücher und Vorgänge. "Über Seilschaften wurde weder über KPMG noch über den Landesrechnungshof etwas festgestellt", sagte Aufsichtsrat Webel.

Dennoch ist das Vertrauensverhältnis zu der langjährigen Lotto-Geschäftsführung gestört. Die frühere Radio-Moderatorin Sieb war seit Oktober 2012 bei Lotto, ihr Kollege von Einem seit 2018. Ihre Verträge laufen offiziell noch zwei Jahre.

Ab kommender Woche soll über die Aufhebung der Verträge und Abfindungen verhandelt werden, sagte Finanz-Staatssekretär Rüdiger Malter, der den Gesellschafter vertritt. Ob die beiden abberufenen Chefs die Abfindungsregelung annehmen, oder gegen ihre Abberufung klagen, ist laut Malter offen. Das Land habe ein großes Interesse daran, Lotto wieder in ruhiges Fahrwasser zu führen und sich gütlich zu einigen, sagte Webel.

Wie hoch die Abfindungen sein werden, ließen die beiden mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen offen. Sie dürften sich jedoch an den Jahresgehältern der Lotto-Chefs orientieren. Den jüngsten veröffentlichten Zahlen zufolge verdiente Maren Sieb im Jahr 2018 insgesamt 174 500 Euro, Ralf von Einem bekam 138 600 Euro.