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Neuer Leopoldina-Präsident schätzt Fridays for Future

Elfenbeinturm war gestern. Als Nationale Akademie der Wissenschaften will die Leopoldina bei wichtigen Fragen Rat geben. Unaufgeregt - aber gern schneller als bisher.

18.02.2020, 13:56

Berlin/Halle (dpa) - Der künftige Leopoldina-Präsident Gerald Haug sieht in der Fridays for Future-Bewegung für besseren Klimaschutz einen wichtigen Impuls. "Ich finde Fridays for Future sehr gut", sagte Haug am Dienstag in Berlin. Die Bewegung junger Leute habe gesellschaftlich und politisch vielleicht schon mehr erreicht als viele Klimaforscher in den vergangenen 20 Jahren. "Kompliment", ergänzte Haug. Ein Treffen mit Vertretern von Fridays for Future sei schon geplant.

Die Leopoldina mit Sitz in Halle (Saale) leistet als Akademie der Wissenschaften unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Die Spannbreite reicht von ethischen Fragen in der Medizin bis hin zur Digitalisierung.

Haug tritt die Leopoldina-Präsidentschaft am 1. März an und übernimmt das Amt von dem Mikrobiologen Jörg Hacker. Zur Feier der Amtsübergabe in Halle wird am Donnerstag auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet.

Der 51-jährige Wissenschaftler Haug ist Klimaforscher. Als Meeresgeologe erforscht er die Entwicklung des Klimas der vergangenen Jahrtausende bis Jahrmillionen. Seit 2015 arbeitet er als Direktor des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz. Nebenberuflich will er dort auch künftig forschen. Ganz zentral sei es, bei der Erderwärmung unter zwei Grad zu bleiben, betonte Haug. Dieses Ziel müsse global angegangen werden.

Zu den Zielen der Leopoldina gehöre es, mit faktenbasierten ad-hoc-Stellungnahmen dynamischer auf Fragen der Zeit zu reagieren - wie jüngst zum Beispiel auf das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2, erläuterten Hacker und Haug.

"Schneller werden heißt jetzt nicht, ständig zu twittern", ergänzte Haug. Wie sein Amtsvorgänger schätze er unaufgeregte Reaktionen. Das sollte aber auch innerhalb weniger Wochen oder Monate punktgenau und bei höchster Qualität möglich sein - und nicht allein nach ein bis zwei Jahren. Manche Themen seien durchaus angstbesetzt. "Wir dürfen ein Terrain dann nicht irgendwem überlassen", betonte der neue Präsident. Die Leopoldina mit ihren 1600 Mitgliedern wolle eine Arbeitsakademie sein, kein "angestaubter Verein älterer Herrschaften".

Hacker nannte die ethischen Fragen rund um die neu entdeckte Genschere Crispr-Cas, mit der sich Erbgut gezielt verändern lässt, als eine der großen Herausforderungen seiner zehnjährigen Amtszeit. Neben allem Positiven machten die neuen Möglichkeiten nachdenklich, sagte er. Eingriffe in die Keimbahn wie in China lehne er zum Beispiel kategorisch ab. In China will ein Forscher das Erbgut von Zwillingen mit Hilfe der Genschere so verändert haben, dass die Kinder nun resistent gegen HIV sein sollen.

Zu den Leopoldina-Themen zählten neben der Fortpflanzungsmedizin, Klimaschutz und Biodiversität auch Demokratie, Demografie, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Finanziert wird die Akademie zu 80 Prozent vom Bund und zu 20 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt. Am Hauptsitz in Halle wolle die Akademie festhalten, sagte Haug. Aber auch Berlin sei als Standort wichtig. Sein Berufsleben werde sich künftig hauptsächlich an der ICE-Strecke Mainz-Halle-Berlin abspielen.