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Psychiater: Aussagen in Dessauer Mordprozess nicht logisch

Zwei 21-Jährige stehen vor Gericht, weil sie eine chinesische Studentin vergewaltigt und umgebracht haben sollen. Ein Psychiater beleuchtet jetzt die Persönlichkeiten. Im Fokus: Die Rolle der jungen Frau - und warum sie in der Tatnacht keine Hilfe holt.

24.04.2017, 10:58

Dessau-Roßlau (dpa/sa) - Ein Gutachter hat die Aussagen der angeklagten Frau im Dessauer Mordprozess als "nicht logisch" bezeichnet. Die Angaben zu Details seien nicht aus einem Guss, sagte der Psychiater Bernd Langer am Montag am Dessauer Landgericht. Einige Widersprüche habe er nicht erhellen können. Die 21-jährige Angeklagte hatte im Januar vor Gericht und im Gespräch mit dem Gutachter eingeräumt, mit ihrem damaligen Freund eine 25-Jährige Studentin in eine Wohnung gelockt zu haben. Dort habe der Mitangeklagte das Opfer vergewaltigt.

Von Verletzungen und der Tötung will die Angeklagte den Ausführungen des Gutachters zufolge nichts mitbekommen haben. Sie sei in der nahen eigenen Wohnung bei ihren Kindern gewesen. Aus Angst um ihre Familie habe sie nicht die Polizei gerufen. Der Gutachter schilderte aus Gesprächen mit der Angeklagten, ihr damaliger Freund habe sie misshandelt, erniedrigt und immer wieder bedroht. Der Psychiater meldete Zweifel an der Darstellung an. Trotz des "an Hörigkeit grenzenden Abhängigkeitsverhältnisses" und der fehlenden Reife habe für die Angeklagte die Möglichkeit bestanden, in der Zeit, als sie nicht am Tatort war, Hilfe zu holen, sagte er.

Der mitangeklagte 21-Jährige schweigt zu den Vorwürfen. Die Studentin war im Mai 2016 mit massiven Verletzungen tot in einem Gebüsch in Dessau-Roßlau entdeckt worden. Kurz darauf wurde das Paar festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Der Psychiater empfahl, die Angeklagte nach Jugendstrafrecht zu behandeln. Sie sei in der Kindheit durch sexuellen Missbrauch des Vaters und andauernde emotionale Ablehnung durch die Mutter traumatisiert worden. Das habe ihre Entwicklung gebremst. Zuvor hatte der Experte dafür plädiert, den Mitangeklagten wie einen Erwachsenen zu beurteilen. Der Mann neige zum Sadismus, sei gefühlskalt und es bestehe die Gefahr von Wiederholungstaten, so der Experte.