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Rechtsstreit um Neubau für Umweltbundesamt

Eigentlich sollte der Neubau ein Prestige-Projekt sein und in puncto Nachhaltigkeit einen "Gold-Standard" erfüllen. Doch ein Rechtsstreit um die Erweiterung des Umweltbundesamtes in Dessau-Roßlau macht einen dicken Strich durch die Rechnung.

Von Marek Majewsky, dpa 03.12.2019, 16:50

Dessau-Roßlau (dpa/sa) - Außen Baugerüste und offen liegende Dämmung, innen Eichenparkett: Seit Februar 2018 gilt ein Baustopp am Neubau des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau-Roßlau. Eigentlich könnten dessen Mitarbeiter bereits einziehen, nur vereinzelt sind noch Schutzplanen auf dem Boden verklebt. Im Herzen des Gebäudes steht bereits eine offene Teeküche, ein Kunstwerk aus Bienenwaben hängt verhüllt an der Wand.

Aber wegen eines offenen Rechtsstreits steht das Gebäude leer. Kurz vor dem offiziellen Ende der Bauarbeiten waren Mängel festgestellt worden. Dabei sollte der Erweiterungsbau am Hauptsitz des Amtes bei der angestrebten Nachhaltigkeit einen "Gold-Standard" erfüllen.

Die Bauherren befürchten, dass das Ziel, mindestens ein Null-Energie-Haus zu bauen, gefährdet ist. Weil die Gegenseite dies trotz allem für realisierbar hält, ist der Rechtsstreit entbrannt. Ein Gutachten, das Klarheit bringen soll, soll Anfang 2020 vorliegen.

Bisher seien wegen der Verzögerung Kosten von rund 1,1 Millionen Euro entstanden, hieß es am Dienstag auf einer Pressekonferenz im UBA. Zu ihr waren neben Vertretern des Umweltamtes auch solche des Finanzministeriums Sachsen-Anhalt und des Bundesinnenministeriums erschienen, um über den aktuellen Stand zu informieren.

Unter anderem müssen benötigte Arbeitsplätze weiterhin gemietet werden. Auch das Null-Energie-Ziel werde wegen der Verzögerung derzeit "bei weitem" nicht erreicht. Unter anderem wird der leerstehende Neubau geheizt, um die abgeschlossenen Arbeiten im Innern vor Verfall zu schützen.

In dem laufenden Verfahren ist zu klären, wer für Mängel an der Fassade des Erweiterungsbaus am Hauptsitz des UBA in Dessau-Roßlau verantwortlich ist und wie genau diese behoben werden können. Darin, dass es Mängel gibt, stimmen immerhin beide Seiten überein. Weil sie sich aber bislang nicht einigen konnten, ob trotzdem das Energie-Ziel des Gebäudes erreicht werden kann, wird auf das Gutachten gewartet.

Dabei hatte alles nach Plan begonnen: Anfang 2010 wurde das Grundstück gekauft, 2012 stand der Architekt fest, 2015 wurde der Neubau-Entwurf genehmigt. Noch beim Richtfest im November 2016 hieß es, Ende 2017 werde das Gebäude fertig - doch dazu kam es nicht. Der Bauherr - in diesem Fall das Finanzministerium Sachsen-Anhalt - stellte kurz vor Ende der Arbeiten fest, dass die Dämmung "insbesondere in den Fensterbereichen" nicht den Ansprüchen genüge.

Das hat einer Justiziarin des Magdeburger Finanzministeriums zufolge weitergehende Konsequenzen: Es seien verschiedene Bauelemente aufeinander abgestimmt. Wenn die Fassade nicht halte, was sie verspreche, schaffe es die Heizung womöglich nicht, die Büroräume im Winter auf Arbeitstemperatur zu bringen.

Das 13,5 Millionen Euro teure Gebäude an sich gilt als vorbildlich. Allein die Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen sollte Maßstäbe setzen. So sind Photovoltaik-Elemente ins Dach sowie die Nord-, Süd- und Ostfassade integriert und es gibt 30 Sonden für Erdwärme sowie energiesparende Beleuchtung. Baumaterialien aus Recyclingbeton, Dämmung mit Hanf, begrünte Dächer und ein eigener Fahrradpavillon sollten die Umweltbilanz des Gebäudes zusätzlich aufpolieren. Zudem ist ein Raum für eine Fahrradwerkstatt reserviert.

Der Neubau ist aus Sicht des UBA nötig, weil bereits seit 2008 zusätzliche Büroplätze angemietet worden seien - insgesamt rund 100. Am Hauptsitz in Dessau-Roßlau sind den Angaben zufolge 950 Mitarbeiter beschäftigt. "Das UBA-Gebäude in Dessau-Roßlau platzt aus allen Nähten", heißt es vonseiten des Amtes. In dem vierstöckigen Neubau wäre Platz für 111 Arbeitsplätze und zwei Konferenzräume.

Wann er bezogen werden kann, ist völlig offen. Dies sei etwa von den notwendigen Maßnahmen zur Mängelbeseitigung abhängig, hieß es. Die Verantwortlichen gehen aktuell auch davon aus, dass die verbaute Dämmung ausgetauscht werden muss, weil sie Wind und Wetter ausgesetzt ist. Sollte die gesamte Fassade neu gemacht werden müssen, drohen nach Angaben des Bundesinnenministeriums im schlimmsten Fall Kosten von bis zu 900 000 Euro.

Die "Mitteldeutsche Zeitung" hatte im August über Kritik des Architekten an diesem Vorgehen berichtet. "Das ist absolut ärgerlich. Das Gebäude ist komplett gedämmt, nur an Randbereichen der Fenster sind die Dämmstoffstärken etwas geringer. Das Haus wird auch so den Standard eines Plus-Energie-Gebäudes erfüllen", zitierte das Blatt Claus Anderhalten.