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Seehofer: Islamistischer Anschlag verhindert, 14 Festnahmen

Material zum Bombenbau, Schusswaffen, eine IS-Flagge: Was bei dem Anti-Terror-Einsatz gefunden wird, lässt die Ermittler schlucken. Die zahlreichen Haftbefehle deuten darauf hin, dass die drei verdächtigen Brüder aus Syrien womöglich Teil eines Netzwerkes waren.

10.02.2021, 23:01
Frank Molter
Frank Molter dpa

Berlin/Kopenhagen (dpa) - Das Bundesinnenministerium und deutsche Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass die drei in Deutschland und Dänemark festgenommenen Syrer einen Terroranschlag von erheblichem Ausmaß geplant haben. "Unsere Sicherheitsbehörden haben erneut einen islamistischen Terroranschlag verhindert", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).

In dem Fall sind bislang 14 Menschen festgenommen worden. In Dänemark sitzen 13 Verdächtige inzwischen in Untersuchungshaft, mindestens sieben davon unter konkretem Terrorverdacht. Nach Angaben der dänischen Polizei wird diesen sieben vorgeworfen, einen Terrorangriff in Dänemark oder Deutschland geplant oder daran mitgewirkt zu haben. Was den weiteren sechs vorgeworfen wird, blieb am Freitag zunächst unklar.

"Wir haben die Zutaten und Teile gefunden, die zur Herstellung einer Bombe benötigt werden. Wir haben auch verschiedene Arten von Waffen gefunden, Pumpguns, ein Jagdgewehr mit Fernrohr", sagte der operative Leiter des dänischen Inlandsnachrichtendienstes PET, Flemming Drejer, am Freitag in Søborg bei Kopenhagen. Diese Funde sorgten für Besorgnis. Zudem habe man eine Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat sichergestellt, was die Annahme bestätige, dass die Festgenommenen vom "militanten Islamismus" inspiriert worden sein könnten.

Am Donnerstag war zunächst bekanntgeworden, dass am vergangenen Wochenende drei Brüder aus Syrien festgenommen worden waren, zwei davon in Dänemark, einer im hessischen Dietzenbach. Ob es sich bei den weiteren Festgenommenen in Dänemark um Angehörige der Brüder handelte, ließen die Behörden zunächst ebenso offen wie ihre Nationalitäten. Man müsse die Karten bei den Ermittlungen derzeit eng am Körper halten, sagte PET-Chef Drejer.

Das Amtsgericht Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt, wo einer der in Dänemark festgenommenen Brüder ansässig war, hatte zuvor Haftbefehl gegen die drei syrischen Männer im Alter von 33, 36 und 40 Jahren erlassen. Vorgeworfen wird ihnen die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, wie die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg mitteilte.

Konkret soll das Trio im Januar am Ankauf mehrerer Kilogramm Chemikalien in Polen beteiligt gewesen sein, die zur Herstellung von Sprengsätzen dienen können. Die Ware soll von Polen nach Dessau-Roßlau geliefert und von dort dann nach Dänemark transportiert worden sein. Für zwei der Brüder ist dem Vernehmen nach die erstmalige Einreise nach Deutschland im Jahr 1998 dokumentiert. Die beiden syrischen Staatsbürger sollen später einen Schutzstatus als Flüchtlinge erhalten haben. Einer von ihnen heiratete eine deutsche Frau. Mitglieder der Familie waren zwischen 2006 und 2016 schon als Islamisten aufgefallen. Ein konkreter Verdacht ließ sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen damals aber nicht erhärten.

In die jetzigen Ermittlungen hatte sich auch das Bundeskriminalamt eingeschaltet. "Mein Dank gilt den Behörden des Bundes sowie in Sachsen-Anhalt und Hessen", sagte Seehofer. "Terrorismus ist international - unsere Terrorismusbekämpfung ist es auch." Dem Vernehmen nach hatten die deutschen Behörden aus dem Ausland einen Hinweis auf die Chemikalien-Bestellung in Polen erhalten. Innerhalb kürzester Zeit wurde Kontakt zu den Sicherheitsbehörden in Dänemark aufgenommen, wo jetzt auch der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt.

Laut Bundesinnenministerium wurden in Deutschland seit 2009 insgesamt 17 islamistische Anschläge vereitelt. Die deutsche Polizei hatte im vergangenen Dezember 617 islamistische Gefährder auf dem Radar. Als "Gefährder" gelten Menschen, denen die Polizei eine schwere politisch motivierte Straftat zutraut. Etwas mehr als die Hälfte von ihnen hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Ein Teil von ihnen hält sich aktuell im Ausland auf, ein Teil ist in Deutschland inhaftiert. Zudem waren in den Datenbanken der Polizei zuletzt 529 "relevante Personen" gespeichert - so nennt man Menschen, bei denen die Polizei davon ausgeht, dass sie sich an einer solchen Straftat beteiligen oder diese unterstützen würden.

© dpa-infocom, dpa:210211-99-400441/9