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Soldaten bereiten Einsatz gegen Borkenkäfer im Harz vor

Der Borkenkäfer frisst sich durch die Fichtenwälder, von denen der Harz besonders viele hat. In Sachsen-Anhalt bereitet sich jetzt die Bundeswehr darauf vor, den Schädling zu bekämpfen. Auch die Niedersachsen haben entschieden, ob sie militärische Hilfe wollen.

17.09.2019, 16:33

Harzgerode (dpa) - Entlang des Waldweges bei Harzgerode stehen graubraune Fichten, die Nadeln vertrocknet, die Rinde teilweise abgefallen. "Dieser Wald ist bereits fast völlig abgestorben und der Borkenkäfer schon wieder ausgeflogen", sagte Egbert Thiele, Forstamtsleiter im Harz. Dann zeigte er über ein Tal auf ein entferntes Waldgebiet, aus dem braune Spitzen ragen. "Der junge Bestand dort drüben ist komplett durchseucht, wenn wir jetzt nicht schnell reagieren, stirbt er auch." Wie in Harzgerode sieht es an vielen Stellen im Harz aus. Für die schnelle Reaktion bekommen Thiele und sein Team nächste Woche Unterstützung von der Bundeswehr.

Die Soldaten bereiten den Einsatz vor, besprechen sich vor Ort, wie am Dienstag in Harzgerode. "Wir freuen uns, dass wir hier, wo wir gebraucht werden, unterstützen können", sagte Oberst Halvor Adrian, Kommandeur des Landeskommandos. Bis zu 100 Soldaten sollen ab kommender Woche auf Gesuchen Sachsen-Anhalts den Kommunen und privaten Waldbesitzern helfen, Befall zu erkennen und wegzuräumen.

Damit entschied sich Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) anders als die Landesregierung von Stephan Weil (SPD) im benachbarten Niedersachsen. Gerade für das Fällen von Bäumen oder das Ausbringen von Pestiziden sei eine Sachkunde erforderlich, die Soldatinnen und Soldaten nicht mitbrächten, teilte das Agrarministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Hannover mit. Daher sei eine Hilfe der Bundeswehr aus Sicht des Ministeriums nicht sinnvoll.

Wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Einschätzungen? Eine Erklärung lieferte Ministerpräsident Haseloff, der mit der Bundeswehr in Harzgerode unterwegs war. Die Situation sei im Ostharz besonders prekär. Das Sturmtief Friederike hatte mit schweren Schäden Anfang 2018 den Anfang markiert, dann fiel zwei Jahre hintereinander kaum Regen. Im umgewehten Holz konnte der Borkenkäfer prächtig nisten, die geschwächten Bäume wurden ihm zur leichten Beute.

Dazu komme eine Besonderheit bei der Eigentümerstruktur, so Haseloff: Es gebe Tausende Kleinstwaldbesitzer, die nach dem Ende der DDR Gebiete von wenigen Hektar zurückübertragen bekamen - und die mit der jetzigen Situation überfordert seien.

Auch die Kommunen sind froh über das Hilfsangebot, das Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im August unterbreitete. Harzgerode hat rund 200 Hektar eigenen Wald, 90 Prozent der Bäume sind Fichten - und damit die Art, die vom Borkenkäfer befallen wird.

Wegen der Käferplage mussten sie im Stadtwald so viel hochwertiges Holz einschlagen, wie sonst in zehn Jahren, berichtete Förster Ralf Zapf. "Künftig ist die Aufgabe nicht mehr unbedingt Hochleistungsholz zu produzieren", sagte er. Es gelte, robust aufzuforsten, "damit wir einen grünen Wald haben, der Kohlendioxid aufnimmt."

Doch dafür müssen die befallenen Bäume erstmal raus aus dem Wald. Für schwer zugängliche Hänge sollen Straßenbau-Spezialisten der Bundeswehr aus Husum mit Planierraupen Wege ebnen. Jeweils gut 40 Logistiker aus Burg bei Magdeburg sowie dem brandenburgischen Beelitz sollen betroffene Fichten erkennen, fällen und wegräumen.

Ähnliche Arbeit haben auch die Mitarbeiter der Niedersächsischen Landesforsten. Sie bewirtschaften etwa ein Drittel des Waldes in Niedersachsen, wie Sprecher Mathias Aßmann sagt. Derzeit ist jeder Forstmitarbeiter, der abkömmlich ist, im Westharz und im Solling unterwegs - wegen der Borkenkäferplage. Oberstes Ziel: "Die betroffenen Bäume müssen gefunden werden, aber das gelingt ganz gut, da inzwischen ganze Flächen statt einzelner Bäume betroffen sind."

Seit Anfang vorigen Jahres hat der Kampf gegen den Borkenkäfer zu einer Freifläche von 10 000 Hektar geführt. Das sei fast das Siebenfache der Fläche, die Landesforsten normalerweise jährlich mit neuen Bäumen aufforste, so Aßmann. Zusätzliche Unterstützung holen sich die Niedersachsen von forstwirtschaftlichen Lohnunternehmen.

Darüber hinaus setzen beide Länder auf finanzielle Hilfen für betroffene Waldbesitzer. Niedersachsen reicht 1,5 Millionen Euro Soforthilfe aus, die etwa für Borkenkäferfallen oder Fachpersonal zum frühen Erkennen befallener Bäume genutzt werden können. In Sachsen-Anhalt stehen 2,5 Millionen Euro zur Verfügung.