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Sparbriefe und Pacht: Osterburg profitieren von Windpark

Das Windrad dreht sich in Sichtweite von Städten und Gemeinden, doch Geld verdienen damit der Landbesitzer und der Betreiber. Wie können die Menschen vor Ort profitieren? Diese Frage stellen sich gerade viele. Osterburg in der Altmark hat für sich eine Lösung gefunden.

16.02.2020, 08:47
Jan Woitas
Jan Woitas zb

Osterburg (dpa/sa) - Zahlreiche Politiker machen sich derzeit Gedanken darüber, wie Kommunen und Bürger finanziell von Windanlagen profitieren können. Die Stadt Osterburg in der Altmark hat für beide Fragen eine eigene Antwort gefunden: Auf stadteigenem Gelände entstand ein kleiner Windpark, bei dem zwei von drei Windrädern von den Stadtwerken mitbetrieben werden, wie Bürgermeister Nico Schulz (Freie Wähler) der Deutschen Presse-Agentur sagte. Ab Ende März können auch die Osterburger finanziell profitieren, wenn sie Geld in einem Sparbrief anlegen. Je nachdem für welche Summen sie sich entscheiden, können laut Schulz 150 bis 1500 Menschen mitmachen.

Der Stadtrat votierte zuletzt für eine Variante, bei der das Geld für sechs Jahre im Sparbrief angelegt und mit 3,33 Prozent pro Jahr verzinst wird. Dabei werde ein Teil der Erlöse des Windrads verwendet, um die Zinsen zu bezahlen, sagte Schulz. Die Mindesteinlage liege bei 500, die Höchsteinlage bei 5000 Euro.

Auch Osterburg selbst profitiert: direkt über die Pachteinnahmen von zunächst 70 000 Euro pro Jahr, indirekt über die beteiligten Stadtwerke. "Wir haben vor einigen Jahren die Windräder in der Umgebung stehen sehen, bei denen die Pacht an die Landeigentümer ging. Steuern flossen damals noch nicht so üppig wie heute", sagte Nico Schulz dazu, warum die Kommune sich schon 2014 dafür entschied, ein eigenes Grundstück als Eignungsfläche auszuweisen und den kleinen Park mit drei Windrädern gemeinsam mit Partnern zu entwickeln. "Die Gemeinde hat die Windparks vor der Nase und muss sie ertragen. Da wollten wir überlegen, wie wir was für die Kommune tun können."

Erst sei die Überlegung auf eine Bürgergenossenschaft gefallen. "Aber das haben wir verworfen, es ist zu kompliziert und aufwendig in der Verwaltung, man braucht Gremien und regelmäßige Beschlüsse", sagte Schulz. Jetzt könnten die Bürger unkomplizierter beteiligt werden.

Zuletzt hatte sich etwa Thüringens Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) für mehr Bürgergenossenschaften oder Gemeindewerke ausgesprochen, um echte Bürgerbeteiligung bei der Errichtung von Windparks zu ermöglichen. Das Thema wird derzeit viel diskutiert. Denn der Ausbau der erneuerbaren Windenergie stockt seit Jahren und brach zuletzt ein. Dabei will Deutschland seinen Anteil an erneuerbaren Energien bei steigendem Strombedarf künftig deutlich steigern. Der Windanlagenhersteller Enercon begründete einen harten Stellenabbau in Magdeburg zuletzt mit diesen Entwicklungen.

Eine Arbeitsgruppe der Bundesregierung soll bis Ende März Vorschläge erarbeiten, wie Bürger und Gemeinden künftig für Windräder in ihrer Umgebung belohnt werden können. Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) warb zuletzt für die Idee, Kommunen im Umkreis von fünf Kilometern direkt an einem Teil der Einnahmen zu beteiligen. Auch ihrer Bundespartei schwebt eine Windkraft-Abgabe pro Anlage und Jahr für die Gemeinden vor. Sachsen-Anhalts CDU lehnt das ab. Davon profitierten zwar die Kommunen, aber nicht die Bürger, kritisierte zuletzt der Landtagsabgeordnete Ulrich Thomas. "Gemeinderäte bringt das in eine Konfliktsituation, da sie zwischen Belangen der betroffenen Bürger und der Kommune entscheiden müssen."