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Urteil von Halle Zeichen gegen Antisemitismus

21.12.2020, 11:14

Berlin/Halle (dpa) - Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den Prozess und das Urteil gegen den Attentäter auf die Synagoge von Halle als wichtiges Zeichen gegen Antisemitismus gewürdigt. Das Verfahren sollte Vorbild für die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte in Deutschland sein, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Montag. "Nicht selten erleben wir in der Justiz eine Sehschwäche auf dem rechten Auge", sagte Schuster. "Im Prozess gegen den Halle-Attentäter wurde hingegen genau hingesehen. Diese Haltung, nicht der Täter, sollte Nachahmer finden."

Das Oberlandesgericht Naumburg hatte zuvor den rechtsextremen Attentäter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Die Richter sprachen den 28-Jährigen des zweifachen Mordes und des versuchten Mordes in weiteren zahlreichen Fällen schuldig und stellten außerdem die besondere Schwere der Schuld fest. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ist damit so gut wie ausgeschlossen.

"Heute ist ein wichtiger Tag für Deutschland. Denn das Urteil macht deutlich, dass mörderischer Hass auf Juden auf keinerlei Toleranz trifft", erklärte Schuster weiter. Der Attentäter habe bis zum Schluss keine Reue gezeigt, sondern an seinem hasserfüllten antisemitischen und rassistischen Weltbild festgehalten.

Vor allem für die Angehörigen der beiden Ermordeten Jana L. und Kevin S. sowie für all jene Menschen, die an Jom Kippur 2019 nur knapp dem Tod entronnen und tief traumatisiert worden seien, sei das Urteil wichtig. Mit ihren Auftritten hätten die Nebenkläger und Zeugen dem Hass des Täters Menschlichkeit entgegengesetzt. "Sie und all jene, die Solidarität mit den Angegriffenen gezeigt haben, stehen für dieses Land, nicht der isolierte Attentäter", sagte Schuster weiter.

Nach wie vor sei es eine traurige Tatsache, dass viele Betroffene von Antisemitismus die Vorfälle nicht meldeten, weil sie eine unangemessene Reaktion der Polizei fürchteten. Auch der Umstand, dass sehr viele Verfahren bei antisemitischen Übergriffen eingestellt würden, lasse die Betroffenen resignieren, sagte Schuster.

Zentralrat der Juden