1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Weniger Leiharbeiter in Sachsen-Anhalt durch Konjunkturdelle

Weniger Leiharbeiter in Sachsen-Anhalt durch Konjunkturdelle

Zeitarbeit gilt als ein Indiz dafür, wie es der Wirtschaft geht. Und was heißt das für die Beschäftigten? Arbeitsmarktexperten sehen die Branche mit gemischten Gefühlen. Die Gewerkschaft will sie eindämmen.

09.02.2020, 08:52

Halle/Magdeburg (dpa/sa) - In Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Leiharbeiter gesunken. Grund sei vor allem die schwächelnde Konjunktur, teilte die Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit in Halle mit. Den Angaben nach waren im Juni 2019 rund 21 800 Menschen als Leiharbeiter sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigt. Das waren rund 2500 weniger als im Vorjahr.

Zeitarbeit biete für Mitarbeiter die Möglichkeit für einen schnellen Einstieg in den Arbeitsmarkt. "Sie hat oft eine Brückenfunktion für Menschen, die vorher ohne Job waren", sagte der Chef der Regionaldirektion, Kay Senius. Dafür sei Leiharbeit aber weniger stabil als andere Beschäftigungsverhältnisse. "Man ist schnell drin, aber auch schnell wieder draußen", sagte er.

Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Sachsen-Anhalt, Susanne Wiedemeyer, sagte in Magdeburg, Leiharbeiter würden überwiegend für Helfertätigkeiten eingesetzt und entsprechend bei der Entlohnung eingruppiert, obwohl fast zwei Drittel von ihnen über eine abgeschlossene Ausbildung verfügten. Von rund 12 800 Leiharbeitern, die ihre Tätigkeit im ersten Halbjahr 2019 beendeten, war nach Angaben von Senius mehr als die Hälfte weniger als ein halbes Jahr beschäftigt.

Zeitarbeit gilt als Indiz für die Konjunktur. Haben Firmen viel zu tun, werden mehr Leiharbeiter nachgefragt als während einer Flaute in den Auftragsbüchern oder wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Leiharbeiter sind in Produktionsbetrieben wie auch in der Dienstleistungsbranche, zum Beispiel in Sicherheits- und Reinigungsberufen, aber auch in Gesundheitsberufen oder im Gastgewerbe tätig.

"Leiharbeiter haben als erste unter einer wirtschaftlichen Abkühlung zu leiden", sagte Wiedemeyer. Ihr Risiko, arbeitslos zu werden, sei sechsmal höher als das aller anderen Beschäftigten. "Für uns gilt daher weiter, Leiharbeit einzudämmen und besser zu regulieren. Unternehmen mit einem hohen Anteil an Leiharbeitern dürften nicht von öffentlichen Förderungen profitieren", sagte die DGB-Landeschefin.

Nach Angaben von Senius verdienen Zeitarbeiter häufig weniger Geld als andere Mitarbeiter. Dies kritisierte auch der DGB. Dennoch seien bei Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern Verbesserungen für die Beschäftigten in der Leiharbeitsbranche bei der Bezahlung durchgesetzt worden, sagte Wiedemeyer. Ihr zufolge stieg die Vergütung zum Jahresbeginn 2020 um drei Prozent, weitere Erhöhungen seien vereinbart worden, auch für Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Im Schnitt lag das Bruttomonatsentgelt eines Leiharbeiters 2019 in Sachsen-Anhalt laut Regionaldirektion bei 1690 Euro. Bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten insgesamt im Land lag der Mittelwert hingegen bei 2595 Euro brutto. Sie verdienten damit im Schnitt 905 Euro brutto mehr als ein Leiharbeiter im Monat.

Im Vergleich zur Beschäftigung insgesamt im Land liege der Anteil deutscher Leiharbeiter bei rund 2,1 Prozent, bei ausländischen Beschäftigten bei fast 12 Prozent. Bundesweit sind den Angaben nach 1,7 Prozent der sozialversicherungspflichtig oder geringfügig beschäftigten deutschen und 6,7 Prozent der ausländischen Mitarbeiter in der Zeitarbeitsbranche tätig - und damit weniger als in Sachsen-Anhalt. Sie werden über Verleihfirmen an Unternehmen vermittelt. Geregelt ist dies im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

Die Zeitarbeit in Deutschland

Tarifabschluss für die Leiharbeitsbranche

Ergebnisse einer Befragung des DGB von Leiharbeitern über ihre Arbeitsbedingungen