Interview der Woche: Das Burger Tanzpaar Oliver Klepsch und Jennifer Woska über ihre Passion, Musikalität und ein blaues Auge Aufbruch in die neue S-Klasse
Da, wo alles begann, stehen sie nun Rede und Antwort: Jennifer Woska und Oliver Klepsch kehren zum Interview an ihre erste Trainingsstätte in der Burger Kesselstraße zurück. Die Übungshalle hat nichts von dem Charme großer Ballsäle, entsprechend leger ist das Vorzeigetanzpaar des TSC Blau-Gold Burg gekleidet. "Wir können uns für ein Foto auch umziehen", bietet der 20-Jährige an. Nicht nötig: Viel lieber befragt Volksstimme-Mitarbeiter Oliver Kramer die Talente zu ihrer Laufbahn, den Tücken auf dem Parkett und ihrem Aufstieg in die höchste Klasse des Turniertanzsports.
Volksstimme: Herr Klepsch, Frau Woska, mit Ihrem 22. Platz in der Standard-Hauptgruppe A (Erwachsene bis 28 Jahre, d. Red.) beim Dance Comp Turnier in Wuppertal haben Sie den Aufstieg in die Sonderklasse geschafft. Wie haben Sie den hochklassig besetzten Wettkampf erlebt?
Jennifer Woska: Das war in der Stadthalle eine ganz tolle Atmosphäre. Die vielen Zuschauer und guten Paare, da schaut man schon erst einmal. Ich sehe das aber immer als Ansporn, eine noch bessere Leistung abzurufen und bin fast noch lockerer, als bei kleineren Turnieren.
Oliver Klepsch: Ich habe vom Standard-Programm ein blaues Auge davon getragen. Das passiert, wenn man einen Ellenbogen eines anderen Paares abbekommt. Das ist natürlich keine Absicht. Bei zwölf Paaren auf dem Parkett ist der Platz begrenzt. Wenn man anschließend den Profis auch aus dem Ausland zusieht, ist das schon ein Stück weit Lehrstunde.
Volksstimme: Jetzt, da Sie die höchste Klasse im Turniertanzsport erreicht haben, wäre auch eine Profilaufbahn für Sie denkbar?
Klepsch: Da muss man realistisch bleiben. Nur ganz wenige Turniertänzer auf der Welt können allein von den Preisgeldern leben. Viele arbeiten hauptberuflich als Tanzlehrer oder besitzen eine Tanzschule. Das wiederum könnte ich mir später gut vorstellen.
Woska: Ich bin derzeit noch mit meinem Abitur beschäftigt. Danach möchte ich wie Oliver auch studieren.
Volksstimme: In der Tat haben Sie mit 20 und 17 Jahren die Zukunft noch vor sich. Wie kamen es zu diesem rasanten Aufstieg?
Klepsch: Ich bin mit neun Jahren zum Tanzen gekommen. Da hieß es, der Club hat Jungs-Mangel. Als ich das erste Mal da war, habe ich gleich zur Musik mitgewippt. Parallel habe ich lange noch Tischtennis in Möser gespielt, das aber dann irgendwann aus Zeitgründen aufgegeben.
Woska: Mit vier Jahren haben mich meine Eltern zum Tanzkurs geschickt. Das hat mir gleich gefallen und ich bin dabei geblieben. Mit den Jahren hatte ich wechselnde Tanzpartner. Erst 2006 bin ich mit Oliver zusammen gekommen.
Volksstimme: Und, hat es gleich gefunkt?
Woska: Na ja, Oliver ist drei Jahre älter als ich. Ich dachte, das könnte schwierig werden. Aber wir haben uns schnell verstanden, weil wir auch ähnlich ticken, ehrgeizig sind.
Klepsch: Ich war ja viele Jahre nicht frei. Nachdem meine Partnerin aufhörte, kam Jennifer auf mich zu. Und ich habe auch gleich "Ja" gesagt. Heute bin ich sehr froh über diese Entscheidung.
Volksstimme: Wie lange haben Sie gebraucht, um sich aufeinander einzustellen?
Klepsch: Tänzerisch ist das ein Prozess, der bis heute andauert. Menschlich geht es halt zu wie in einer Beziehung. Da gibt es auch mal Streit, der sich in einem Gewitter entlädt. Aber das ist auch schnell wieder vergessen.
Woska: Wichtig ist, offen miteinander zu reden. Wir sind ein Paarsport und müssen auf einer Wellenlänge sein.
Volksstimme: Und auf dem Parkett?
Klepsch: Da stellt man sich schnell aufeinander ein. Jeder weiß eigentlich, was er zu tun hat. Manchmal habe ich auch mentale Schwächen, vergesse Schrittfolgen. Da muss mir meine Partnerin in der Situation helfen.
Volksstimme: Wieviel Talent und wieviel Training stecken hinter einem erfolgreichen Tanzpaar?
Klepsch: Ich war nie der Talentierteste. Das hat mir meine erste Trainerin (Margit Diefert, die Red.) auch immer gesagt. Um von der untersten D-Klasse bis in die A-Klasse aufzusteigen, ist viel harte Arbeit notwendig. Was mit einfachen Schrittfolgen beginnt, setzt sich mit immer mehr Elementen fort. Wir sprechen dabei von Musikalität. Wir müssen uns wie ein Instrument beim Orchester der Musik anpassen. Diese Passion treibt einen voran.
Woska: Am wichtigsten ist, Spaß am Tanzen zu haben.
Volksstimme: Haben Sie einen Lieblingstanz?
Klepsch: Wir sind bei den Standardtänzen stärker. Uns liegen langsame Tänze wie der Walzer oder Slow Foxtrott.
Volksstimme: Wer einen Wettkampf live oder am Bildschirm verfolgt, dem fällt das Outfit der Tänzer auf. Wie wichtig ist das Äußere?
Woska: Extrem wichtig. In unserer Klasse geht das Erscheinungsbild in die Gesamtbewertung ein. Ich versuche in der Menge aufzufallen, sei es mit dem Kleid oder einem Accessoire. Die Haare macht mir vor Wettkämpfen meine Mutti, ich kümmere mich ums Schminken. Das kann schon bis zu zwei Stunden dauern.
Volksstimme: Kleider, Fräcke, Schuhe, das muss alles Unsummen kosten, oder?
Woska: Na ja, ein Kleid kostet bis zu 1 500 Euro. Da bin ich schon auf Unterstützung meiner Eltern angewiesen.
Klepsch: Hinzu kommen die Vereinsbeiträge, die höher liegen als beim Fußball. Und auch die Fahrt- und Übernachtungskosten schlagen zu Buche. Außerdem leisten wir uns zusammen einen Tanztrainer in Braunschweig. Das alles muss finanziert werden.
Volksstimme: Arbeit, die sich für Sie ausgezahlt hat. Welche sportlichen Ziele haben Sie sich für die Zukunft gesteckt?
Klepsch: Im Oktober nehmen wir an einem Sichtungslehrgang des Bundeskaders teil. Das ist ein gutes Training für uns und die Deutschen Meisterschaften im November in Braunschweig. Außerdem müssen wir zahlreiche Ranglistenturniere bestreiten, um uns in der S-Klasse zu behaupten.