Nach Debakel gegen Deutschland werden Trainer und Spieler hart attackiert Capello und seine Versager am Pranger
Bloemfontein (dpa). Englands Presse schäumte, der Trainer erhielt eine Galgenfrist. "Ein jämmerlicher WM-Auftritt", schrieb "The Times" nach dem 1:4-Debakel gegen Deutschland. Der "Mirror" hatte gar eine "Schande" gesehen. Die heftige Kritik bezog sich aber nicht auf Schiedsrichter Jorge Larrionda, der England im WM-Achtelfinale ein klares Tor verweigert hatte. Am Pranger stehen nach diesem schmerzhaften WM-K.o. allein die Spieler und Trainer Fabio Capello, dessen Zukunft sich in den kommenden zwei Wochen entscheidet.
"Zeit zu gehen, Fabio! Verzieh dich, und nimm deine Spieler mit", titelte das Boulevardblatt "Sun". Superstars wie Wayne Rooney oder Steven Gerrard hatten bei der Endrunde in Südafrika derart schlecht gespielt, dass dies sogar die Skandal-Entscheidung des Referees aus Uruguay in den Schatten stellte.
Am Tag nach der Demütigung teilte der englische Verband FA mit, dass er in 14 Tagen über die Zukunft des umstrittenen Italieners entscheiden werde. "Wir sind alle sehr enttäuscht. Aber es ist sinnvoll, jetzt keine übereilten Entscheidungen zu treffen", erklärte FA-Sprecher Adrian Bevington auf der Abschluss-Pressekonferenz in Rustenburg. Capello selber betonte, dass er "sehr gerne" Trainer bleiben wolle. "Ich habe einen Vertrag und liebe diesen Job", sagte er nach einem Treffen mit FA-Präsident Dave Richards am Vormittag. Er habe "viele Angebote wichtiger Vereine ausgeschlagen, weil ich gerne bleiben möchte", betonte der Italiener.
In den ersten Minuten nach der Partie hatten sich in Bloemfontein zwei Fronten gebildet: Die englischen Fans weinten im Stadion oder beschimpften ihr Team, die Medien forderten umgehend Capellos Kopf. Einige Spieler und der Trainer versuchten dagegen, sich mit ihrer Schiedsrichter-Kritik aus einer der schmachvollsten Stunden zu retten.
"Die Leistung war unfassbar", schimpfte Capello. "Es war für die Spieler schwierig, kühlen Kopf zu bewahren." John Terry ("Das Tor zum 2:2 hätte das Spiel geändert") oder der verhinderte Torschütze Frank Lampard ("Der war bestimmt ein Yard drin") klangen ähnlich. Die Medien werteten dies als Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken.
Nur Lampard, Gerrard, Cole und James stellten sich den Fragen der Medien. Viele andere wie Rooney trugen Kopfhörer, blickten ins Leere und eilten in den Bus. Wenn es nicht gerade um den Schiedsrichter ging, verhielten sich die "Three Lions" eher wie die berühmten drei Affen: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.