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Der Rausch der Geschwindigkeit wird bleiben

12.01.2013, 07:25

Oberhof l Irgendwann in diesem Leben wird sich Christopher Grotheer ein richtig schnelles Auto kaufen. Seine Eltern sollten jedenfalls darauf vorbereitet sein. Geschwindigkeit und das Adrenalin beim Kampf um die optimale Linie auf der Bahn: Das sind nämlich die Dinge, die der Skeletoni Christopher Grotheer an seinem Sport so mag. Der junge Mann stürzt sich regelmäßig kopfüber in die Eiskanäle dieser Welt. "Ich war sofort Feuer und Flamme", sagt der Wernigeröder über seinen ersten Versuch auf dem flachen Schlitten. Das war vor fünf Jahren, er kam damals vom Skispringen. Geschwindigkeit war also schon immer ein treuer Begleiter des Christopher Grotheer.

Skeleton ist wie Rodeln, nur der Kopf liegt eben am Fußende. Man sieht dann einen Sportler, der im Temporausch einem Kanal mit all seinen Tücken und Kurven ausgesetzt ist. "Jeder tastet sich erst langsam an den Sport ran, und dann sieht es nur noch gefährlicher aus, als es tatsächlich ist", wiegelt Grotheer allerdings die Frage nach jeglichen Ängsten ab. Der 20-Jährige, Mitglied des BRC Ilsenburg, hat zudem die besten Anlagen für den Sport. "Mir hat im Skispringen von den körperlichen Voraussetzungen her die Perspektive gefehlt", berichtet der robuste 1,79-Meter-Mann über die Entscheidung am Sportgymnasium Oberhof im Jahr 2007, vom Backen in die Eisrinne zu wechseln. "Dafür waren sie für Skeleton sehr gut."

Das hat sich bestätigt, Wettbewerb für Wettbewerb, Saison für Saison, und es hat sich ausgezahlt in der laufenden Serie. Grotheer fuhr bei der deutschen Selektion im Herbst ins Weltcupteam. Im Weltcup hat er mit Rang drei von Winterberg bislang einen Podestplatz erreicht. "In meinem Alter ist es allerdings das größte Ziel, bei der Junioren-Weltmeisterschaft eine Medaille zu holen." Er holte im Dezember in Igls sogar den Titel. Und am ersten Februar-Wochenende startet er bei der WM der "Großen" in St. Moritz (Schweiz). Das Gesamtpaket Grotheer nennt man dann einen "Shootingstar", der auch die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi ins Visier genommen hat.

Da man mit aufstrebenden Athleten allgemein behutsam umgeht, hegt auch Bundestrainer Jens Müller weiterhin eher bescheidene Erwartungen an seinen Schützling. Vor dem heutigen sechsten Weltcup in Königssee erklärte der Coach in einem Interview: "Ich erwarte, dass Christopher unter die Top-Acht fährt." Solche Erwartungen haben Martins Dukurs, der die Skeleton-Welt derzeit dominiert, oder auch ein Frank Rommel nicht. Beide Athleten sind die Vorbilder des Christopher Grotheer - aus denselben Gründen: "sehr abgeklärt nach außen, sehr konstant in den Leistungen." Dass Rommel und Co. an Dukurs nur selten vorbeikommen, erklärt Grotheer so: "Wir Deutschen sind fahrerisch gar nicht so weit entfernt von ihm, aber sein großer Vorteil liegt im Startbereich." Dort ist der zweifache Weltmeister aus Lettland regelmäßig fünf Hundertstelsekunden schneller als die Konkurrenz, "und das ist schwer, auf der Strecke wieder rauszufahren".

Es gibt noch ein anderes Vorbild, "eine richtige Persönlichkeit", wie Grotheer sagt, das Vorbild ist ein ehemaliger Fußballtorwart, er heißt Oliver Kahn. Und in dessen Biografie "Nummer eins" hat sich auch Grotheer ein wenig wiederentdeckt: "Es ist dieser krankhafte Ehrgeiz, davon habe ich manchmal auch zu viel." Seine Trainer, sagt er, "konnten mich schon ein bisschen bremsen". Und mit dem Alter, weiß Grotheer, kommt dann die Erfahrung und die Ruhe. Nur der Rausch der Geschwindigkeit, der wird bleiben.