Fußball: Ballack bleibt Kapitän der Nationalelf, ist vorerst aber keine sportliche Verstärkung Der Star als Herausforderer, Neuer weiter Nummer eins
Michael Ballack bleibt Kapitän, aber seine einstige Vormachtstellung in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist gebrochen. Bundestrainer Joachim Löw entzog Ballack die frühere Stammplatz-Garantie und schickt den 33-Jährigen als Herausforderer in den Konkurrenzkampf mit den neuen Mittelfeld-Platzhirschen Bastian Schweinsteiger und Sami Khedira. "Im Moment sehe ich diese beiden Spieler auf der Position", verkündete Löw gestern in Frankfurt.
Frankfurt/Main (dpa). Nur wenn der Leverkusener auf dem Weg zur Europameisterschaft 2012 den Kampf besteht und wieder im DFB-Team zum Einsatz kommt, muss ihm WM-Kapitän Philipp Lahm die Binde überlassen. Der 26-jährige Münchner scheiterte aber mit seinem Anspruch, Ballack schon jetzt dauerhaft als Kapitän abzulösen. Keine Überraschung ist, dass WM-Keeper Manuel Neuer als Nummer eins in die EM-Qualifikation geht und damit morgen (20.45 Uhr/ARD) in Brüssel gegen Belgien das deutsche Tor hüten wird. "Wir planen mit Manuel", sagte Löw.
In einem fast zweistündigen "vertrauensvollen" und "in aller Offenheit" geführten Gespräch unter vier Augen hatte Löw seinem langjährigen Führungsspieler Ballack dessen neuen Status dargelegt. Derzeit sei er nach seiner Fußverletzung aber noch keine sportliche Verstärkung. "Ich habe ihm in aller Offenheit gesagt, dass ich ihn noch nicht in der Verfassung sehe, dass er uns weiterhilft." Ballack wollte gestern nach dem Training in Leverkusen keinen Kommentar abgeben. Dafür sprach Löw Klartext. "Bei der WM haben Schweinsteiger und Khedira die Aufgabe absolut nach meinen Vorstellungen erfüllt", lobte Löw das Duo. Für seine Rückkehr müsse Ballack erst wieder "Topform" im Verein nachweisen – abgeschrieben aber sei der Star nicht. Ob Ballack, der für die EM-Qualifikationsspiele in Brüssel und gegen Aserbaidschan am Dienstag nicht nominiert ist, schon im Oktober in den Punktspielen gegen die Türkei und Kasachstan wieder berufen wird, ließ Löw offen.
Von Gewinnern und Verlie-rern in der seiner Meinung nach "sehr emotional diskutierten Kapitäns-Frage" mochte Löw nichts wissen. "Es geht nicht um Machtspielchen, Machtansprüche, Machtdemonstrationen oder Demontagen." Auch Lahm sei "auf keinen Fall" geschwächt, weil er nicht wie erhofft zum Ballack-Nachfolger ernannt wurde.
Zwei Tage vor dem Start "in eine neue Periode" legte Löw zudem fest, dass der 24-jährige Schalker Neuer die Nummer eins im Tor bleibt. "Manuel hat ein hervorragendes WM-Turnier gespielt", begründete Löw. Zur "gemeinsamen Nummer zwei" ernannte er den Bremer Tim Wiese und den Leverkusener Rückkehrer René Adler.
"Die Qualifikation ist ein Marathon", bemerkte Löw, der davor warnte, Platz eins als Selbstläufer zu betrachten. "Ich zähle Belgien mit den Türken und Österreich zu unseren Mitstreitern auf dem Weg zum Gruppensieg." Die Gruppe komplettieren die Außenseiter Kasachstan und Aserbaidschan. Mit dem "Maximalziel sechs Punkte" geht Löw in die beiden Auftaktspiele, in denen inklusive des angeschlagenen Stürmers Stefan Kießling alle 21 Spieler "einsatzfähig" seien.
Nur in der Abwehr gibt es durch den Ausfall der verletzten Arne Friedrich und Jérome Boateng Sorgen. Vermutlich setzt Löw auf eine Hamburger Doppellösung mit Heiko Westermann und Marcell Jansen. "Wir wissen, welche Gefahren auf uns lauern", sagte Löw zur Aufgabe in Brüssel.Meinung